Full text: Reformation des Himmels

Zufall und dem blinden Glück in der Welt seinen Lauf lassen; 
wer dem Glücke nachgeht, kommt an und wer sein Schicksal 
besiegt, erfreut sich desselben. Ich aber gleiche jetzt jenem 
alten Löwen Asops, welchem ein Esel Fusstritte und ein Affe 
Ohrfeigen geben darf, bin gleichsam ein unempfindlicher 
Eckstein, an dem jede Sau ihren schmutzigen Borstenleib 
reiben darf. 
Die ehrwürdigen Orakel, Heiligtümer und Altäre, die ich 
einst besass, jetzt sind sie zur Erde gestürzt und unwürdig 
entweiht; an ihren Stätten hat man Bildsäulen aufgerichtet 
für Kerle, die ich mich schon zu nennen schäme, da sie 
schlechter sind als unsere Satyre und Faune und verächtlicher 
als selbst die Krokrodile Ägyptens, die doch noch eine gewisse 
magische Bedeutung und dadurch einige Anzeichen von Göttlich 
keit besassen, diese aber sind in der That geschaffen zum blossen 
Düngstoff für die Erde. Alles dies kommt von der Ungerechtig 
keit der uns feindlich gesinnten Fortuna, die jene auserwählt und 
erhöht hat, nicht so sehr, um sie selber zu ehren, als vielmehr 
zu unserer Schmach, zu unserer Schande, zu unserem Ärger. 
Die Gesetze, Gebräuche und Kulte, Opfer und Zeremonien, 
welche ich ehemals durch meine Herolde verkündet und an 
geordnet habe, sind umgestosseri und annulliert, an ihrer Stelle 
pflegt man jetzt die schmutzigsten und unwürdigsten Albern 
heiten, welche jemals die blinde Fortuna hat ersinnen können, 
um die Menschen, die wir zu Herren herangezogen, schlechter 
als Bestien zu machen. Zu unserer Nase steigt jetzt kein 
Bratenduft mehr hinauf, den man in unserem Dienst auf den 
Altären bereitet, sondern, wenn uns darnach einmal Appetit 
anwandelt, müssen wir uns schon wie Schüsselgötter an die 
Köchinnen wenden, und obgleich noch etliche Altäre von dem 
bischen Opferdampf, ,,quod dat avara manus“, rauchen, so be 
fürchte ich doch, dass binnen kurzem selbst dieser Dampf noch 
in Dunst aufgehen wird, so dass schliesslich nicht die geringste 
Spur von unseren Institutionen übrig bleibt. Denn wir wissen 
aus Erfahrung, dass die Welt ein tückisches Pferd ist, welches, 
so bald es merkt, dass der Reiter, der es bestiegen, es nicht 
regieren kann, diesen aus dem Sattel hebt, zu Boden wirft und 
gar noch von hinten nach ihm ausschlägt.
	        
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