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Zukünftige Entwicklung des Saturns.
nehmen, wie der Saturn noch einen gewissen Anteil an dem aus
der Milchstraße zur Sonne ziehenden Eise erhalten, und bis der
Ring zu einer solchen Größe angewachsen sein wird, daß am
Rande die Umfangsgeschwindigkeit der Zentripetalkraft das Gleich
gewicht hält; dann kann der Durchmesser nicht mehr zunehmen,
wohl aber kann die Dicke des Ringes wachsen und damit steigt
naturgemäß die Druckwärme im Innern an, so daß mehr Wasser
als bisher ausgepreßt wird. Das wird dann dazu führen, daß
der Florring allmählich bis zur Saturnkugel heranwächst. Ob
eine solche Neuvereinigung von Dauer sein kann, ob sie zu einer
Zerstörung des Ringes oder der Eisschale der Kugel führen
wird, hängt ganz von den Umdrehungsgeschwindigkeiten ab, die
beide Körper zur Zeit des Zusammenwachsens haben werden.
wenn die Beschreibung der Entwicklungsgeschichte des Ringes
hier eingehend gegeben wurde, so lag dem die Absicht zu Grunde,
gerade an der versuchsweisen Lösung dieses großen Rätsels zu
zeigen, daß die Glazialkosmogonie auf Grund ihrer Zurückführung
aller kosmischen Erscheinungen und Bildungen auf mechanisch
physikalisch begreifliche Vorgänge in der Lage ist, selbst verwickelten
Problemen näher treten zu können, ohne für jeden einzelnen
Himmelskörper zu neuen Theorien und besonderen, nur dem je
weils vorliegenden Falle zuliebe aufzustellenden Behauptungen
greifen zu müssen. Der große Einheitlichkeitsgedanke für alles
kosmische werden, der Hörbigers kjirn blitzartig durchzuckte, findet
eine seiner schönsten Bestätigungen beim Saturnproblem, und
wenn wir jetzt die bisher noch nicht erwähnte Figur III der
Tafel IV betrachten und dabei die Form des Ouerschnittes des
Ringes, wie sie ganz natürlich und zwanglos entstanden sein kann,
daraufhin prüfen, ob eine solche Form wohl den Bedingungen
genügen könne, welche ein sich selbst tragendes Bauwerk nach
den Regeln der Festigkeit erfüllen muß, so finden wir diese For
derungen vollauf bestätigt. Die Wulste entsprechen den üblichen
Versteifungsrippen an Maschinenteilen, und der sich von breiterer
Basis nach außen hin verjüngende Querschnitt ist der, der nach
den Anforderungen des geringsten Materialaufwandes von jedem
Konstrukteur errechnet werden würde, wenn ihm die Aufgabe
gestellt wäre, Eis, dessen Festigkeitskoeffizient ja bekannt ist, als
Baumaterial verwenden zu müssen. Das gleiche gilt für den