atom gebundenen Atome oder Atomgruppen zu bestimmen. Leider hat
sich die Erscheinung als recht unregelmäßig erwiesen, die Drehung ist
nämlich bisweilen in hohem Grade vom Lösungsmittel abhängig, wie
Waiden 1 ) besonders für Chloroform, Zimtaldehyd und Chinolin gefunden
hat. Betti * 2 ) hat andrerseits gezeigt, daß das chemische Verhalten der ein
tretenden Atomgruppen von größerer Bedeutung ist, als ihr Gewicht.
Es ist auffallend, daß aus chemischen Prozessen, in die nur optisch
inaktive Körper eingehen, niemals optisch aktive Körper entstehen. Die
Wahrscheinlichkeit für die Erzeugung eines rechtsdrehenden Moleküls .ist
genau ebensogroß wie für die Erzeugung eines linksdrehenden. Anders
ist es, wenn der neugebildete Körper eine chemische Bindung mit einem
optisch aktiven Körper eingeht. Dann ist offenbar die relative Lage der
Atome des linksdrehenden Moleküls zu den Atomen oder Atomgruppen des
vorhandenen assymmetrischen Moleküls eine andere, als die Lage der Atome
des rechtsdrehenden Moleküls; die eine der beiden Molekülgattungen ist
daher bevorzugt. So erklärt sich die berühmte Synthese optisch aktiver
Moleküle durch Emil Fischer 3 ). Auf ähnliche Weise hat man die Bildung
optisch aktiver Moleküle durch chemische Prozesse in der Pflanze auf
zufassen, ebenso die selektive Zerlegung einer inaktiven Mischung durch
Lebewesen (Schimmelpilze), bei der ein optisch aktiver Rest zurückbleibt.
(Pasteur.)
In ähnlicher Weise wird folgender Befund von Marckwald und
McKenzie 4 ) verständlich. Sie zeigten, daß Esterbildung zwischen einem
optisch aktiven Alkohol und zwei spiegelbild-isomeren Säuren, bzw. zwischen
einer optisch aktiven Säure und zwei spiegelbild-isomeren Alkoholen mit
ungleicher Geschwindigkeit erfolgt. Durch fraktionierte Veresterung ra-
zemischer Mandelsäure mit 1-Menthol gelang es ihnen aus der Restsäure
1-Mandelsäure abzuscheiden und damit zum ersten Male eine optisch aktive
Verbindung aus der Razemverbindung nach einer anderen Methode als den
von Pasteur angegebenen zu gewinnen.
Ebenso ist es Bredig und Fa ja ns 5 ) gelungen bei katalytischer Ein
wirkung des optisch aktiven linksdrehenden Nikotins auf Kampferkarboxyl-
säure eine etwas schnellere Reaktion bei der Rechtsverbindung als bei der
Linksverbindung nachzuweisen. Dies ist ein Analogon der schneller fort
schreitenden Zersetzung von Estern der Rechts-Mandelsäure, im Vergleich
4 ) Waiden, Zeitschr. f. phys. Ch. 55, 257, 56, 703, 1906.
2 ) Betti, Gazzetta chimica italiana 37, I, 62, 37, II, 5, 1907.
3 ) Fischer, B Ber. 27, 3189, 1894
4 ) Marckwald und McKenzie, Berichte der deutschen chem. Gesellsch.
32, 2130, 1899, 33, 208, 1900, 34, 469, 1901.
5 ) Bredig* und Fajans, Berichte d. deutschen chem. Ges. 41, 752, 1908.