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SYMPOSIUM PHOTO INTERPRETATION, DELFT 1962
Ostafrika erläuterten die ökologischen Voraussetzungen dieser Landschaft.
Sehr verbreitet sind in den tropischen Savannenländern zerschnittene
Plattenlandschaften oder Hügelländer, in denen die Hänge und Kämme der
Hügel Grassavannen, die Talschluchten aber immergrüne Wälder tragen.
Aufnahmen aus Gabun (abb. 4) und Kamerun zeigen das Landschaftsmuster
dieses Typus, wobei man Feinheiten des Graswuchses (etwa Bodenzerstörung
auf den von den Pfaden benutzten Hügelkämmen) oder die Dynamik der
morphologischen Prozesse (rückschreitende Erosion durch Erdrutsche in den
Quellmulden) aus den Luftbildern bestens verfolgen kann, ebenso wie tekto
nische Strukturen aus dem Talnetz.
Die Wiedergabe von geologischen oder archäologischen Strukturen durch
die Vegetation ist eine der wichtigsten Voraussetzungen erfolgreicher Luft
bildinterpretation. Schon A. von Humboldt hat in der Vegetation den wich
tigsten Ausdruck des Landschaftscharakters gesehen. Auch vom Luftbild aus
sehen wir gewöhnlich das Pflanzenkleid und schliessen aus ihm und aus seinem
Verbreitungsmuster auf die anderen Landschaftsmerkmale (Boden, Bewässe
rung, tektonische Struktur etc.). Ein Beispiel für die hydrologische Ausdeutung
der Vegetationszonen aus dem Luftbild sind die Aufnahmen von Kint (1934)
von den Gezeitenwäldern der Insel Bangka (Indonesien).
Die Ausdeutung der Luftbilder erfordert in all diesen Fällen eine gute Kennt
nis der landschaftsökologischen Zusammenhänge. Hierfür wurde das Schema
vom Aufbau eines Öktotops mit der Unterscheidung der klimatischen und
edaphischen Sphäre und den einzelnen Geofaktoren vorgeführt (vgl. C. Troll:
“Die geographische Landschaft und ihre Erforschung” in Studium Generale
Jg. 3, 1950, S. 172). Wenn ein Faktor in einem solchen im ökologischen Gleich
gewicht stehenden Ökosystem geändert wird, etwa die Vegetation durch
Rodung des Waldes oder die Hydrologie durch Absenkung des Grundwassers,
erleidet das ganze System eine völlige Veränderung.
Bisher haben wir uns mit mehr oder weniger reinen Naturlandschaften be
schäftigt, bei denen es sich um die kausal fassbaren physikalischen und biolo
gischen Abhängigkeiten handelte. Auf sie allein möchte ich die Begriffe Land
schaftsökologie und Ökotop angewandt sehen. Bei Kulturlandschaften liegen
die Zusammenhänge viel komplizierter. Hier wirkt der Mensch im natürlich
gegliederten Raum nicht naturgebunden, sondern in seiner eigenen Gesetz
lichkeit - meist als soziales Wesen, als mit freiem Willen begabtes, wirtschaft
lich planendes, aber auch in der Tradition verwurzeltes Wesen. Im Verhältnis
Mensch und Umwelt gibt es keine rein kausalen Abhängigkeiten, sondern nur
Motivationen für das menschliche Handeln. In der Kulturlandschaft wird die
rein natürliche Ökologie der Landschaft überdeckt durch vielfältige mensch
liche Werke, die wohl in einer gewissen Abhängigkeit von der Natur stehen,
aber doch in langer geschichtlicher Entwicklung, in sozialen und wirtschaft
lichen Ursachenverflechtungen gewachsen sind.
Die Kulturlandschaftsforschung hat es mit sehr verschiedenen Graden der
menschlichen Einwirkung auf die Landschaft zu tun. Manchmal ist sie so