WORKING GROUP 5
STEINER-HAEFNER
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Die Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Berggebieten ist not
wendig, um einerseits die Existenzgrundlage der Bergbauern zu verbessern
und anderseits für die im Tiefland durch die Ausbreitung von Siedlungen,
Industrie- und Verkehrsanlagen verloren gehenden land- und forstwirtschaft
lichen Nutzflächen Ersatz zu schaffen. Eine zweckmässige Neuordnung setzt
aber die Erfassung des gegenwärtigen Zustandes und der Entwicklungs
tendenzen als Planungsgrundlage voraus. Es ist sinnvoll, für diese Aufgabe
das Luftbild zu verwenden.
Die diesbezüglichen Möglichkeiten der Luftbildauswertung sind schon ver
schiedentlich in theoretischen Vorschlägen oder Einzelversuchen dargelegt
worden: von Ramser [1951] in der Schweiz, Splechtner [1945-48] in
Österreich, Chabrol [1953] und Rey [1957] in Frankreich, Einevoll [1958]
in Norwegen und Krause [1961] in Deutschland. Zu einem systematischen
praktischen Gebrauch von Luftbildern in einem grösseren Rahmen ist es je
doch bis heute nicht gekommen.
Die zitierten Arbeiten beziehen sich im wesentlichen nur auf die Weide
gebiete. Eine zweckmässige Reorganisation der Alpwirtschaft sollte aber das
gesamte Wirtschaftsareal, Talgüter wie Alpweiden, miteinbeziehen.
Die Alpwirtschaft kann in ihrer Betriebsstruktur stark varieren. Es soll im
folgenden anhand von zwei verschiedenen Beispielen aus der Schweiz gezeigt
werden, welche Information sich dem Luftbild entnehmen lässt. Die gewählten
Gebiete seien kurz beschrieben:
a. Heinzenberg bei Thusis, Kt. Graubünden: Es handelt sich um einen nach
E bis SE exponierten Hang, der von einer Kammhöhe von rund 2000 m
ü/M ziemlich gleichmässig zum Hinterrheintal (700 m) abfällt. Der Unter
grund besteht aus leicht verwitterbaren Phylliten, den sog. Bündnerschiefern.
Ihr Schichtfallen stimmt ungefähr mit der Hangneigung überein und gibt
Anlass zu Rutschungs- (vor allem im oberen Hangteil) und Vernässungserschei
nungen. Im untern Abschnitt ist das Anstehende von Hangschutt und Moräne
überdeckt. Das Klima ist relativ mild, die Niederschläge mässig.
Als Siedlungsform ist das Haufendorf rätoromanischen Ursprungs typisch.
Die Landnutzung entspricht einer dreistufigen Alp Wirtschaft: 1. Untere Stufe:
Intensiv genutzte Dorfwirtschaftsgebiete mit Wies- und Ackerland; 2. Mittlere
Stufe: Temporär bewohnte Maiensässe mit Wiesen und Weiden; 3. Obere
Stufe: Alpweiden. Zu beachten ist, dass die unterste Stufe sich mit drei über
einanderliegenden Dorfzonen weit hangaufwärts erstreckt.
b. Dischmatal bei Davos, Kt. Graubünden: Hier haben wir es mit einem
alpinen Hochtal zu tun, das sich von SE nach NW über ca. 15 km er
streckt. Seine Sohle liegt zwischen 1560 und 2000 m. Von ihr steigen steile
Hänge auf, die im vorderen Talabschnitt bewaldet sind und bei ca. 2200 m
in Verflachungen übergehen. Die Berggipfel erreichen Höhen bis zu 3200 m.
Der Untergrund besteht gänzlich aus Urgestein, vorwiegend aus Gneissen und
Amphiboliten. Die petrographischen Verhältnisse haben zahlreiche Hang
quellen und Vernässungen zur Folge; künstliche Entwässerungssysteme sind
häufig.