Full text: Lexikon der Astronomie

Fernrohr (Refraktoren). 135 
tismus und weit größerer Lichtstärke als 
die Dollondschen hervor. Unter ihnen ist 
der große Refraktor der Sternwarte in 
Dorpat von 25 ein Öffnung und 4,66 in 
Brennweite das berühmteste. Noch be 
deutender find die Dimensionen des von 
Merz und Mahler in München gebauten 
Refraktors in Pulkowa, welcher 38 cm 
Öffnung und 6,83 m Brennweite besitzt. 
Überraschende Fortschritte in der Herstel 
lung achromatischer Objektive sind in der 
letzten Zeit gemacht worden. Chance 
in Birmingham gelang es, zwei Scheiben 
optischen Glases von 25 Zoll engl, her 
zustellen, welche auf der Londoner Aus 
stellung 1862 in der Nähe der auö Arm 
strongkanonen aufgebauten Trophäe zu 
sehen waren. Sie wurden von dem Tele 
graphenkabelfabrikanten N e w a l l in 
Gateshead erworben und in die Werk 
statt von T. Cooke u. Söhne in Port 
übergeführt, wo daraus das Objektiv 
eines Fernrohrs von 25 Zoll engl. (63,5 
cm) Öffnung und 29 Fuß (8,84 m) Brenn- 
1 weite konstruiert wurde. Später hat 
Chance noch größere Scheiben für den von 
Clark u. Söhne gefertigten Refraktor 
der Sternwarte in Washington gegos 
sen, der 26 Zoll (66 cm) Öffnung und 
9,95 m Brennweite hat; ja, neuerdings 
hat Feil in Paris im Auftrag der öster 
reichischen Regierung eine Flintglasscheibe 
von fast 28 Zoll Durchmesser für das 
große Äquatorial der neuen Wiener 
Sternwarte angefertigt. 
6) Daß durch Kombination einer Sam 
mellinse aus Flint- und einer Zerstreu 
ungslinse aus Kronglas ein achromatisches 
Objektiv gewonnen werden kann, erklärt 
sich aus den optischen Eigenschaften dieser 
Gläser. Es wirkt nämlich das bleifreie 
Kronglas nur schwach, das bleihaltige 
Flintglas aber sehr stark farbenzcrstreuend, 
d. h.wenn man einen Strahl weißen Lichts 
auf ein Prisma von der ersten Glassorte 
fallen läßt, so erhält man auf einer da 
hinterstehenden weißen Wand ein ver 
hältnismäßig nicht sehr langes farbiges 
Band, ein Spektrum, in welchem das Rot 
am wenigsten, das Violett am stärksten 
von der ursprünglichen Richtung des 
Strahls abgelenkt ist; macht man aber 
den Versuch mit einem Prisma gleicher 
Form aus Flintglas, so wird daü farbige 
Band viel breiter als vorher. Stellt man 
daher zwei Prismen hintereinander, die 
das Licht nach entgegengesetzter Richtung 
ablenken, das erste aus Krön- und das 
zweite aus Flintglas, so wird man eS bei 
geeigneter Wahl der brechenden Winkel 
dieser Prismen dahin bringen, daß nach 
dem Durchgang durch das zweite Prisma 
das Rot und Violett wieder zusammen 
fallen. Vollständig farblos erscheint aller 
dings das Licht dann noch nicht, weil die 
Verteilung der verschiedenen Farben in 
den Spektren der beiden Prismen nicht 
ganz dieselbe ist. Bei einer andern Wahl 
des Winkels vom Flintglaöprisma wird 
man daher andre Farben genau vereinigen 
können, während die übrigen sich noch 
schwach geltend machen. Ganz ebenso wir 
ken nun auch Linsen; durch dieselben kann 
also die Farbenzerstreuung nicht vollstän 
dig beseitigt, sondern nur unschädlich ge 
macht werden. Fraunhofer erreichte 
dies dadurch, daß er die hellsten, die roten 
und gelben Strahlen vollständig vereinigte, 
während er etwas Violett übrig ließ. 
Statt der schwierig herzustellenden Flint 
glaslinsen hat man hohle, mit Flüssig 
keiten von starker Farbenzerstreuung ge 
füllte Linsen vorgeschlagen. Solche Flüssig 
keiten sind Schwefelkohlenstoff, Kassicnöl, 
auch Terpentinöl. In der That hatten 
die Versuche, welche der Professor an der 
Militärakademie in Woolwich, Peter 
Barlow (geb. 1776, gest. 1862), mit der 
erstgenannten Flüssigkeit anstellte, guten 
Erfolg, und es gelang ihm ums Jahr 1830, 
ein achromatisches F. von 8 engl. Zoll 
(20,3 cm) Öffnung herzustellen; indessen 
wird bei derartigen Instrumenten, wie 
schon Fraunhofer bemerkt hat, durch 
Temperaturänderungen die Gleichförmig 
keit der Flüssigkeit leicht gestört, und man 
erhält undeutliche Bilder. Weitere Ver 
breitung haben diese Fernrohre, die man 
aplanatische (griech., »ohne Abwei 
chung«) nennt, nicht gefunden. 
Erfolgreicher ist der Vorschlag gewesen, 
den der ältere Littrow 1827 machte, 
nämlich die zweite Linse, welche die Far- 
benzerstreuung der Kronglaslinse aufheben
	        
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