Full text: Lexikon der Astronomie

Gradmessungen 
(Triangulation). 175 
oder Basis AH, kann man verhältnis 
mäßig klein nehmen und auf einem Ter 
rain wählen, wo sich die Messung leicht 
und sicher ausführen laßt. Die Messung 
der Winkel aber erfordert nur, daß man 
sich allemal im Scheitel eines Winkels, also 
im Eckpunkt eines Dreiecks, aufstellt, nach 
den beiden andern Eckpunkten visiert und 
den Winkel, den die beiden Visierlinien 
einschließen, auf einen geteilten Kreis ab 
liest. Früher geschah das Visieren mit 
Hilfe eines Lineals, das um den Mittel 
punkt des Kreises drehbar und mit Ab 
sehen ausgestattet war, hentigestags be 
nutzt man dazu ein Fernrohr. Diese Mes 
sungen lassen sich verhältnismäßig sehr 
genau ausführen, und die kleinen Fehler, 
welche man dabei begeht, machen die Län 
gen der Dreicckseiten weit weniger fehler 
haft, als eine direkte Messung sie geben 
würde. Die Triangulierung bringt aber 
für den hier in Rede stehenden Zweck einer 
Meridianmessung noch einen andern Vor 
teil. Bei dem ältern Verfahren mußten 
Anfangs- und Endpunkt des zu messenden 
Bogens auf demselben Meridian liegen, 
und auf diesem mußte dann die Messung 
vorgenommen werden. Das ist jetzt nicht 
mehr nötig, denn ist SN der durch A 
gehende Meridian, D der südlichste und J 
der nördlichste Punkt des Dreiecknetzes, 
so fälle man von I) und J auf den Meri 
dian die senkrechten Geraden!)!)' und!!'; 
cS ist dann DT der Meridianbogen, des 
sen Größe in Gradmaß durch den Unter 
schied der geographischen Breiten von D 
und J angegeben wird. Nun kann man 
aber die Strecke DT berechnen, sobald 
die Seiten der verschiedenen Dreiecke be 
rechnet sind, wenn man die Basis AL 
orientiert, d. b. den Winkel NÄB gemes 
sen hat, den sie mit der Nordrichtung 
des Meridians einsckließt. In der Figur 
sind noch die Linien DD' und DI!' senk 
recht zum Meridian, dagegen DD, DK 
und MJ parallel mit demselben gezogen; 
die Strecke DT rerfällt daher in D'D'— 
DL, D'H' = DKunbHT==MJ. Aus 
den drei rechtwinkeligen Dreiecken DDL, 
DKH und HJM erhält man aber, dem 
im Art. »Trigonometrie« Gesagten ge 
mäß, DD—DD-eo8 DDL, DD—DD- 
608 HDD und LI! — HJ-eos HJM; mit 
hin ist 
DT—DD - 608 Dt>D -PDH-eos HDD+ 
HJ-eos HJM. 
Die drei Dreieckseiten setzen wir als aus 
der Triangulierung bekannt voraus; was 
aber die Winkel anlangt, so kann man sie 
mit Hilfe der gemessenen Winkels leicht 
finden. Es ist nämlich zunächst DDL = 
DDA—l£)A, der letztere Winkelest aber 
so groß wie sein Wechselwinkel DAS, und 
dieser ist gleich HAH -j-LAOsi-OAD— 
180°. Damit ist DDL gefunden. Ferner 
ist DDL=90° —DDL FDD'=D£D— 
DDE' und HDD=HDG+.Gf:F-f ftw 
— DDD', d. h. HDD=HDG+GDD+ 
FDE' — 90«. Endlich ist DÖD — 90«— 
HDD, MHJ=DHJ—DHD und HJM 
—90«—MHJ. Ganz ähnlich in andern 
Fällen. Bis jetzt haben wir bei unsern 
Auseinandersetzungen angenommen, daß 
unser ganzes Dreiecknetz in einer Ebene 
liegt. Wenn man nun, wie dies gewöhn 
lich geschieht, nur horizontale Winkel 
mißt und die Basis horizontal annimmt, 
so erhält man durch die Rechnung ein 
Dreiecknetz, das sich in der durch die Ba 
sis zu legenden Horizontalebene befindet, 
und dessen Eckpunkte senkrecht unter den 
wirklich anvisierten Punkten liegen. Für 
Messungen von geringem Umfang genügt 
nun dieses Netz mit geradlinigen Seiten 
in der horizontalen Ebene; bei größern 
Triangulationen aber, so wie sie zu aus- 
gedehntern Meridianmessungen nötig sind, 
gibt dieses Verfahren nur näherungsweise 
richtigeResultate, und man muß dieKrüm- 
mung der Erde in Betracht ziehen. Doch 
würde ein näheres Eingehen hierauf zu 
weit führen. 
Um nun wieder auf Snellins zurück 
zukommen, so sei erwähnt, daß der von 
ihm gemessene Bogen ungefähr U/s«, feine 
Basis aber nur 1044 Fuß rhein. — 328 m 
betrug; als Resultat gab er für den Meri 
diangrad 55,100 Toiscn an, was Mus- 
schenbroek später nach Beseitigung einiger 
Messungssehler auf57,033Toisen brachte. 
Weit ungenauer fiel eine später von den 
JesuitenRiccioli undGrimaldi 1645 
zwischen Bologna, Modena, Ferrara und
	        
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