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Gregory.
klärung der Himmelskörper und unsers
Meers« (der Ebbe und Flut).
Als derjenige, welcher hauptsächlich die
irrige Auffassung der Newtonschen Lehre
verschuldet hat, ist aber Newtons jüngerer
Freund, der Mathematiker Roger C dt es
(1682—1716), zu nennen, welcher 1713
die zweite Auflage der »Prinzipien« be
sorgte und in der Vorrede dazu unum
wunden die Schwere ebenso für eine
wesentliche, den Körpern innewohnende
Eigenschaft erklärte wie die Ausdehnung,
Beweglichkeit und Undurchdringlichkeit.
Daß aber Newton auch in seinen spätern
Lebensjahren nicht mit dieser Auffassung
einverstanden war, ergibt sich deutlich
daraus, daß er auch 1717 wieder in der
Vorrede zur 2. Auflage seiner »Optik«
sich nachdrücklich gegen die Autorschaft der
Lehre von einer unvermittelten Wirkung
in die Ferne verwahrt.
12) Kann es hiernach nicht zweifelhaft
sein, daß in der allgemeinen Massenan
ziehung ein Problem enthalten ist, so hat
es auch anderseits nicht an Versuchen
zur Lösung desselben gefehlt. Newtons
großer Zeitgenosse H u y gens, die Mathe
matiker Johann Bernoulli und Leon
hard Euler, der Genfer Lesage u. a.
haben sich mit dieser Aufgabe beschäftigt.
Diesen Versuchen liegt im wesentlichen die
Vorstellung zu Grunde, daß im Raum
außer den sinnlich wahrnehmbaren Kör
pern noch ein äußerst freies Medium, der
Äther, verbreitet ist. Beide, die materiel
len Körper wie der Äther, bestehen aus
kleinsten Teilchen oder Molekeln; die Mo
lekeln des Äthers aber sind in beständiger,
sehr rascher Bewegung nach den verschie
densten Richtungen begriffen, ähnlich wie
die neuere Physik sich die Gasmolekeln
denkt. Befindet sich nun inmitten der
Äthermolekeln eine Körpermolekel, so em
pfängt dieselbe von den erstem Stöße auö
den verschiedensten Richtungen, die sich in
dessen gegenseitig aufheben. Stehen aber
zwei Körpermolekeln einander gegenüber,
so dient jede der andern als ein Schirm,
der die Stöße in der Richtung nach der
andern hin auffängt. Auf diese Weise
werden die Molekeln gegeneinander hin
getrieben, und es läßt sich auch zeigen,
daß dieser Antrieb im umgekehrten qua
dratischen Verhältnis des Abstands der bei
den Molekeln steht. Denkt man sich statt
einer einzigen Molekel auf der einen Seite
zwei, drei oder mehr nebeneinander, so
sieht man leicht ein, daß die Wirkung dop
pelt, drei- oder mehrmal so groß sein muß.
Wir hätten damit das Newtonsche Gesetz,
daß die Anziehung direkt proportional der
Masse und umgekehrt proportional dem
Quadrat der Entfernung ist.
Doch stoßen wir sofort auf eine Schwie
rigkeit, wenn wir uns zwei oder mehr
Körpermolekeln hintereinander einer
einfachen Molekel gegenübergestellt den
ken; diese zwei werden der ihr gegenüber
stehenden nicht denselben Schutz gewähren,
als wenn sie nebeneinander ständen. Über
haupt wird eö uns schwierig, einzusehen,
wie die im Innern eines Körpers befind
lichen Molekeln eine Anziehung ausüben
sollen, da sie ja ihrerseits durch die um
liegenden Molekeln gegen die Stöße der
Äthermolekeln geschützt sind. Es müßte
hiernach die Größe der Anziehung nicht
bloß von der Masse eines Körpers, son
dern auch von seiner Form abhängen.
Die Erfahrung hat uns aber bis jetzt nichts
Derartiges gezeigt.
Ferner wird die Wirkung der Äther-
molekeln auf einen bewegten Körper an
ders sein als auf einen mhenden, und
man sollte daher annehmen, daß die Größe
der Anziehung auch von der Geschwindig
keit des anziehenden Körpers abhängt.
Ob man auf astronomischem Weg nicht
eine solche Abhängigkeit wird nachweisen
können, muß der'Zukunft überlassen
bleiben.
Weiteres über dieses zur Zeit noch un
gelöste Problem findet man in der Schrift
von Jsenkrahe, »Das Rätsel von der
Schwerkraft« (1879).
Gregory, James, der Erfinder des
nach ihm benannten, in seiner Schrift
»Optica promota« 1663 zuerst beschrie
benen Spiegelteleskops, geboren im No
vember 1638 zu Aberdeen, ward nach
mehrjährigem Aufenthalt in Italien 1669
Professor der Mathematik zu St. Andrews
in Schottland und 1675 zu Edinburg,
wo er im Oktober 1675 starb, nachdem
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