Full text: Lexikon der Astronomie

244 Kalender (Gregorianischer). 
laus Chrypffs aus CueS an der Mosel, 
in der Nähe von Trier), der die Aufmerk 
samkeit der versammelten Kirchenfürsten 
auf diesen Gegenstand lenkte. Der letztere 
schlug vor, auf den Pfingstsonntag, 24. 
Mai 1439, sogleich als Pfingstmontag den 
1. Juni folgen zu lassen, in Zukunft aber 
jedes 304. Jahr nicht als Schaltjahr, son 
dern als gemeines Jahr zu rechnen. Auch 
die Päpste Nikolaus V. (1447-55) 
und Sixtus IV. (1471—84) beschäftig 
ten sich mit der Kalenderverbesserung, und 
letzterer rief zu diesem Zweck 1475 den be 
rühmten Regiomontanus nach Nom, 
der aber dort bald nach seiner Ankunft 
starb. Im folgenden Jahrhundert wurde 
die Reform des Kalenders auf dem late- 
ranischen Konzil 1516 besprochen und zu 
diesem Zweck ein Ausschuß niedergesetzt, 
an dessen Spitze der Bischof Paul von 
Middelburg stand. Dieser ersuchte Ko- 
pernikus um seine Mitwirkung, der in 
dessen ablehnend antwortete, da er seine 
Kenntnis der Jahres- und Monatslänge 
noch für ungenügend hielt. Kam auch 
dadurch die erstrebte Reform wieder ins 
Stocken, so wurde doch Kopernikus zu 
einer genauern Bestimmung der erwähn- 
tenGrößen veranlaßt, und seineResultate 
haben nachher der Kalenderverbesserung 
thatsächlich als Grundlage gedient. 
Die Verbesserung wurde aber ausge 
führt nach einen! Vorschlag, den der römi 
sche Arzt Luigi Lilio kurz vor seinem Tod 
(1576) machte, und den sein Bruder An 
tonio in einer eignen Schrift (»Compen- 
dium novae rationis restituendi Calen 
darium«, 1577) entwickelt hatte, welche 
von dem damals regierenden Papst Gre 
gor XIII. (1572—85) verschiedenen Uni 
versitäten und Fürsten zur Begutachtung 
vorgelegt wurde. Nachdem auch eine unter 
dem Vorsitz des Jesuiten Clavius zu 
sammenberufene wissenschaftliche Kom 
mission die Sacke beraten hatte, erließ der 
Papst unterm 24.Febr. 1581 (nach unsrer 
Zählweise 1582) die Bulle »Inter gravis 
simas pastoralis officii nostri curas«, 
in welcher festgesetzt wurde, daß auf 
4. Oft. 1582 gleich der 15. gezählt wer 
den solle, und haß von den Scklußjahren 
der Jahrhunderte, den sogen. Säkular- 
jahr en, nur diejenigen Schaltjahre wer 
den sollten, deren Zahl durch 4000 teilbar 
ist (also nicht 1700, 1800, 1900, wohl 
aber 1600 und 2000). Durch die erste 
Maßregel wurde die Verschiebung der 
Nachtgleiche, welche damals zehn Tage 
betrug, so daß dieselbe auf 11. März statt 
auf den 21. fiel, beseitigt. Die zweite 
Maßregel aber sollte die Wiederkehr dieses 
Fehlers verhüten. Eigentlich hätte man 
aller 128Jahre einen Schalttag auswerfen 
sollen, statt dessen warf man aller 400 
Jahre drei Tage aus. Eine dauernde 
Übereinstimmung des Kalenders ist damit 
freilich auch noch nicht herbeigeführt; denn 
da im neuen oder Gregorianischen K. in 
400 Jahren 97 Schaltjahre sind, so wird 
das Jahr zu 365,8425 Tagen, also um 
0,0003 Tag zu groß gerechnet. Dies macht 
in etwa 3000 Jahren wieder einen Tag 
ans, und es hat deshalb der französische 
Astronom Lalande 1782 den Vorschlag 
gemacht, jedesmal nach 3600Jahren einen 
Schalttag ausfallen zu lassen; H eis wollte 
dies, vom Jahr 3200 an, alle 3200 Jahre 
thun. Eine Bestimmung darüber existiert 
nicht. Daß übrigens selbst in einem 
kürzern Cyklus als einem 400jährigen sich 
eine gute Ausgleichung des Kalenders 
mit der Sonne erreichen läßt, zeigt der 
Cyklus, den der Astronom Omar Cheian 
um 1080, während der Regierung des 
SeldschukkensultansDsckelal-eddinMalek- 
Schah, in Persien einführte: es kommen 
hier auf 33 Jahre 8 Schaltjahre, so daß 
die mittlere Jahreslänge 365,3424...Tage 
beträgt, nur um 0,0002 Tag zu viel. 
Der Gregorianische K. wurde nach Vor 
schrift der päpstlichen Bulle eingeführt in 
Italien, Spanien und dem Fürstentum 
Neuenburg; in Frankreich erfolgte die 
Einführung im Dezember 1582, indem 
man auf den 9. den 20. folgen ließ. Fer 
ner erfolgte die Annahme diesesKalenders 
1583 in der Schweiz von seiten der katho 
lischen Stände Luzern, Uri, Schwyz, Un 
terwalden, Freiburg und Solothurn, 1584 
im katholischen Deutschland auf ausdrück 
lichen Wunsch Rudolfs II. sowie in Ap 
penzell, 1585 in den gemeinen Herr 
schaften der katholischen Schweiz, 1586 in 
Polen, 1587 in Ungarn, 1622 in Wallis.
	        
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