Full text: Lexikon der Astronomie

258 Kometen (Kometenaberglaube). 
Körpern doch bis in die neueste Zeit. Mit 
pedantischer Ausführlichkeit werden uns 
von Hartmann in seinem 1605 erschie 
nenen »Kometenspiegel« die unglücklichen 
Folgen eines K. geschildert: 
»Achterlei Unglück insgemein entsteht. 
Wenn in der Lust erscheint ein Komet: 
1) Viel Fieber, Krankheit, Pest und Tod, 
2) Schwere Zeit, Mangel und Hungersnot, 
3> Groß Hitz, dürr" Zeit, Unfruchtbarkeit, 
4) Krieg, Raub, Mord, Auftuhr, Neid und Streit, 
5) Frost, Kälte, Sturmwetter und Wassersnot, 
6) Viel Hoher Leut' Abgang und Tod, 
7) Groß Wind, Erdbeben an manchen End, 
8) Viel Änderung der Regiment.« 
Wiederholt gab das Erscheinen eines 
größern K. in protestantischen wie in ka 
tholischen Ländern Anlaß zu obrigkeit 
lichen Bußmandaten, und mehrfach vcrz 
lieh man der Komctenfurcht durch Prä 
gung von Konretenmedaillen Ausdruck. 
Eine solche auf der Züricher Stadtbiblio 
thek befindliche silberne Medaille zeigt auf 
der Vorderseite einen K. mit der Unter 
schrift: »A. 1680 16. Dez. 1681 Jan.«, 
und auf der Rückseite ist zu lesen: »Der 
Stern droht böse Sachen — Trau nur 
Gott — Wirds wohl machen«. 
Im 18. Jahrh., welches als das der 
Aufklärung bezeichnet wird, verlor freilich 
die Überzeugung, daß die K. unglückbrin 
gende Gestirne seien, mehr und mehr an 
Kraft, und schon der Prediger zu Peest 
und Balow, Joh. Jak. Schmidt, meint 
in seiner 1736 unter dem Titel: »Biblischer 
Mathematicus« erschienenen Schrift: »daß 
dieselben (die K.) nach vieler alten H. 
Kirchen-Väter und der Sterndeuter Mey 
nung eine schädliche Deutung und böse 
Würkung in diese Unter-Welt haben sollen, 
und sie daher besonders als Zorn-Ruten 
Gottes überall vorzustellen wären, mag 
mit keinem Grunde der Wahrheit bewie 
sen werden«. Gleichwohl ist auch unser 
Jahrhundert nicht frei von so abergläubi 
schen Vorstellungen geblieben, und noch 
1829 veröffentlichte der englische Arzt 
Förster eine Schrift: »Erläuterung des 
atmosphärischen Ursprungs der Krankhei 
ten«, in welcher derselbe den Zusammen 
hang zwischen K. und großen Epidemien 
nachzuweisen versucht. »Es ist ganz ge 
wiß«, sagt Förster, »daß seit dem Anfang 
unsrer Zeitrechnung die ungesundesten 
Zeiten auch immer die kometenreichsten 
gewesen sind, und daß das Erscheinen 
dieser Himmelskörper stets von Erdbeben, 
vulkanischen Ausbrüchen und atmosphäri 
schen Revolutionen begleitet war, wäh 
rend man im Gegenteil in gesunden Zeiten 
nie einen größern K. gesehen hat.« 
Als eine besondere Form des Kometen 
aberglaubens muß noch die Befürchtung 
vor dem Zusammenstoß eines solchen 
Körpers mit der Erde bezeichnet werden. 
Zum erstenmal scheint dieselbe in wei 
tern Kreisen im Frühjahr 1773 zu Paris 
aufgetreten zu sein. Damals verbreitete 
sich das Gerücht, der Astronom Laland e 
gedenke der Akademie eine Arbeit über 
diejenigen K., welche der Erde sehr nahe 
kommen, vorzutragen. Wegen Überfülle 
anderweitigen Stoffs unterblieb die Mit 
teilung, und nun hieß es, Lalande habe 
beit Zusammenstoß eines K. mit der Erde 
und den Untergang der letzter» für 12. 
Mai voraussagen wollen, sei aber von der 
Polizei daran verhindert worden. Die 
allgemeine Angst, die dies Gerücht erregte, 
konnte auch nicht durch eine Erklärung 
Lalandes, ja selbst nicht durch die Ver 
öffentlichung seiner Arbeit beseitigt wer 
den und verlor sich erst allmählich, als der 
unglückliche Maitag ohne Störung vor 
übergegangen war. 
Selbst noch in unserm Jahrhundert 
lebte diese Furcht wiederholt auf, so 
1832, wo nach einer Vorausberechnung 
von OIbers der Bielasche Komet 29. 
Okt. die Erdbahn streifen sollte. Man 
übersah dabei ganz, daß dies an einer 
Stelle stattfinden mußte, von der die Erde 
damals 1.1*Mill. Meilen entfernt war. 
Ja, noch 1857 fand ein müßiger Kopf, der 
den Weltuntergang im Zusammenhang 
mit dem Erscheinen des großen, schon 1264 
und 1556 beobachteten K. voraussagte, 
Gläubige in Menge. Der erwartete Ko 
met erschien indessen gar nicht, und die 
früher vermutete Identität der großen 
K. von 1264 und 1556 hat sich nicht be 
stätigt. 
Schließlich mag noch erwähnt werden, 
daß der Volksglaube auch ausnahmsweise 
einzelnen K. eine gute Wirkung zugeschrie
	        
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