Full text: Lexikon der Astronomie

266 Kometen (Schweif 
, Ausströmungen). 
so dunkel, daß der Schweif aus zwei Tei 
len zu bestehen scheint. 
Außerordentlich verschieden ist die Länge 
des Schweifs bei verschiedenen K. Wäh 
rend er den meisten kleinern ganz fehlt, 
zieht er sich bei vielen der größern über 
einen beträchtlichen Teil des Himmels hin. 
Seine scheinbare Ausdehnung betrug bei 
dem großen K. von 1811 gegen 90°, bei 
dem von 1843 sowie dem Donatischen von 
1858: 60°, bei dem von 1618: 104° und 
bei dem zweiten von 1861: 120°. Dem 
entsprechen ganz enorme absolute Längen. 
So besaß der Schweif bei dem K. von 
1811 eine Länge von 110 Mill. dm, 
ungefähr 3 U des Abstands der Erde von 
der Sonne; bei den K. von 1843, 1858 
und 1861 betrug dieselbe 250, 80 und 
35 Mill. km. Weniger bedeutend ist die 
Breite der Schweife, welche selten mehr 
als einige Grade beträgt (6V-° bei dem 
von 1811, 10° beim Hauptschweif und 1° 
beim Nebenschweif des Donatischen K.). 
Zu so ungeheurer Größe entwickeln sich 
die Kometenschweife im Lauf weniger 
Tage, ja oft weniger Stunden; schon dar 
aus darf man den Schluß ziehen, daß die 
Materie, welche diese Räume erfüllt, von 
außerordentlicher Feinheit ist. Dies wird 
auch bestätigt durch die Thatsache, daß 
man durch den Schweif die kleinsten 
Sterne ohne merkliche Schwächung des 
Lichts hindurchschimmern sieht. Bessel 
und Olbers haben außerdem gezeigt, daß 
das Licht der Sterne keine Ablenkung er 
fährt beim Durchgang durch die Kometen- 
masfe, und daß inan die Sterne an dem 
selben Ort sieht, als wäre der Komet nicht 
da. Aus diesem Mangel der Lichtbrechung 
schloß Olbers, daß die Kometenschweife 
nicht gasiger Natur seien, sondern aus 
kleinen diskreten Teilchen bestehen, die im 
Raum zerstreut sind, gleichwie die Nebel 
in unsrer Atmosphäre auch nur aus einer 
ungeheuern Menge der Lust beigemengter 
Nebelbläschen bestehen, die, indem sie 
das auf sie fallende Licht zurückwerfen, 
uns als Wolken sichtbar werden. 
Für die ungemein geringe Dichte der 
Kometenmasse spricht auch der Umstand, 
daß nie eine Störung der Erde in ihrer 
Bahn beobachtet werden konnte, obgleich 
manche K. ihr sehr nahe gekommen sind. 
Daraus erkennt man zugleich die Grund 
losigkeit der Furcht vor den unheilvollen 
Folgen eines Zusainmentreffens der Erde 
mit einem K. 
9) Zu den interessantesten Phänome 
nen gehören gewisse eigentümliche Gestal 
tungsprozesse, die man im Kopf mancher K. 
wahrgenommen hat, schichtenförmige 
Absonderungen leucht ende rMafse 
und leuchtende Ausstrahlungen, 
die oft überraschend schnell wechseln. 
Der Petersburger Akademiker Hein- 
sius hat zuerst bei dem vou Klinken- 
berg in Haarlem entdeckten K. von 1744 
solche Ausströmungen beobachtet. Dieser 
Komet hatte einen beträchtlich länger« 
Durchmesser in der Richtung nach der 
Sonne hin als in der dazu senkrechten; 
Heins ins gibt daö Verhältnis beider 
— 3:2 an. An dem der Sonne zuge- 
wandten Scheitel zeigten sich nun zuerst 
25. Jan. zwei flammen- oder fächerartige 
Lichtanhäufungen, die nach der Sonne 
hiir emporstiegen; doch bewegte sich die 
ausströmende Materie nicht sehr weit nach 
der Sonne hin, sondern sie wurde nach 
dem Schweif hin abgelenkt, so daß dieser 
gleichsam durch diese zurückgekrümmteu 
Ausströmungen gebildet wurde. Anfaugö 
erfolgte die Ausströmung nur von einem 
geringen Teil der Oberfläche aus; später 
wurde dieser Teil größer uud erstreckte sich 
immer weiter über die der Sonne zuge 
wandte Hälfte derselben, und 16. Febr. 
nahm er die ganze Hälfte ein. Der An 
blick, den dieser Komet bot, ist uns durch 
eine Anzahl vortrefflicher Abbildungen er 
halten, die Heinsius seiner 1744 erschie 
nenen Beschreibung beigegeben hat. 
Ähnliche Erscheinungen wurden von 
Bessel an dem Halleyschen K. bei sei 
nem Erscheinen 1835 entdeckt und nach 
her auch von andern Beobachtern wahr 
genommen. Bessel hat seine Wahrneh 
mungen in einer Arbeit unter dem Titel: 
»Beobachtungen über die physische Be 
schaffenheit deSHalleyschenK.und dadurch 
veranlaßte Bemerkungen« 1836 veröffent 
licht. Der Komet zeigte anfangs und noch 
1. Okt. einen deutlich von dem ihn um 
gebenden Nebel unterscheidbaren Kern.
	        
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