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Kometen (Theorien von Kepler und Newton).
mutung aus, daß »die himmlische, überall
durchgängige und ledige Luft« (wir wür
den sagen, der Weltäther) »aus ihr selber
die Cometenzu gebären« vermöge. »Wann
sie etwa an einem Ort dick wird, also daß
die Sonne und die Sterne ihre Strahlen
nicht wohl hindurch schießen und aufs Er
den leuchten können, alsdann... bringt es
dieser himmlischen Lusst lebhafste Natur
mit sich, daß solche dicke, feiste Materi
gleichsam als ein Apostem zusammen
gezogen und ihrer Natur nach erleuchtet
und' wie andre Sterne mit einer Bewe
gung begabt werde.« Weiterhin äußert
Kepler die Ansicht, daß die Strahlen der
Sonne, wenn sie durch den K. gehen,
»etwas von der Materi der Cometenkugel
mit sich davonführen und also den Kome
ten bleichen, waschen, saigern, durchtrei
ben und endlich gar vertilgen«, ähnlich
wie die Sonne dichte Nebel zerstreut, Far
ben bleicht rc. Eine solche allmähliche
Auflösung mancher K. wird in der That
durch manche neuerdings beobachtete Er
scheinungen wahrscheinlich gemacht; so
haben insbesondere der Euckesche und der
Fayesche Komet von einer Erscheinung
zur folgenden an Lichtstärke abgenommen,
und der Bielasche scheint ganz unsern
Blicken entschwunden zu sein. Dies hat
d'Ar rest schon vor anderthalb Jahrzehn
ten auf die Vermutung geführt, daß die
K. von kurzer Umlaufszeit nicht lange
unserm Sonnensystem angehört haben,
und daß die Materie derselben sich ziemlich
sckncll zerstreue, dieselben also ihrer gänz
lichen Auslösung entgegengehen. Durch
die aus dem K. ausströmende Materie
glaubt Kepler auch die Bildung der Ko
metenschweife erklären zu können. »Daß
ich gesagt«, schreibt er, »die Sonnenstraa-
leu durchgehen das corpus des Cometeu
und nehmen augenblicklich etwas von
dessen Materi mit sich ihren Weg hinaus,
von der Sonnen entan, daher, halt ich,
kommen der Schwang des Cometens, der
sich allwegen von der Sonnen entan streckt.
Denn es ist unmöglich, daß der Sonnen-
straalen sonst sollten in der klaren reinen
himlischen Lusst hinder dem Cometen sicht
bar werden Angleichen es unmöglich
ist, daß der Sonnenschein sich in der freyen
himlischen Lusst krümmen sollte, wie etli
cher Cometen Schwänge krump erscheinen,
denn des Liechts Fahl und Straalenschüssc
gehen in einer rechten Lini. Derowegen
mehr vermuthlich, daß solche krumpe Co-
meten-Schwänhe besagtermaßen ihre ans
dem Cometen fließenden Materi haben,
welcher materialische Fluß sich von mehrer-
ley Ursachen wegen, von der rechten aus
gestreckten oppositione solis krümmen
kann, als zum Exempel, wenn ein Wind
drein bliese (welches nur Erempelöweise
rede), oder wenn des Cometens Kopfs so
schnellen Lausfs, daß er die von den Son-
nenstraalen ausgetriebene Materi hinter
seiner ließe.«
12) Newton hat in seinem großen
Werk »Prinzipien der Naturphilosophie«
(3. Buch, 5. Abschnitt) sich ebenfalls über
diephvsischeBeschaffenheit derK. geäußert.
Er hält dieselben für feste, dichte und
dauerhafte Körper; denn wären sie Aus
dünstungen der Erde, Sonne und Pla
neten, so würden sie in der Sonnennähe
durch die Wirkung der Sonnenstrahlen
verflüchtigt werden. Durch die Wirkung
der Sonnenstrahlen entsteht auch die At
mosphäre der K. (der Kopf derselben), die
nach der der Sonne abgewendeten Seite
hin abfließt und den Schweif bildet. New
ton denkt sich dieses Abfließen nach Ana
logie des Aufsteigenö von Lust- und Rauch
massen in unsrer Atmosphäre, eine Vor
stellung, die insofern unstatthaft ist, als
sie ein gasförmiges Medium im Welt
raum vorausseht, innerhalb dessen dieses
Aufsteigen stattfindet. Übrigens erklärt
Newton aus seiner Theorie die vonH e v el
beobachtete Thatsache, daß mit Annähe
rung an die Sonne und zunehmender
Entwickelung des Schweifs die Köpfe der
K. kleiner werden, mit wachsender Ent
fernung aber wieder zunehmen.
Nach den Arbeiten K e p l e r s und N e w -
tons ist ein langer Zeitraum vergangen
ohne wesentliche Förderung unsrer Kennt
nisse von der physischen Beschaffenheit der
K. Erst die bereits erwähnten Untersu
chungen von Olbers und Bessel brach
ten die Frage ihrer Lösung näher, und
einen weitern Schritt in dieser Richtung
bildet die Entdeckung des Zusammen-