286
Kosmogonie (Planeten).
Bildung eines Planeten dienen, nicht ganz
die gleiche Geschwindigkeit besitzen, weil sie
nicht völlig aus derselben Entfernung von
der Sonne stammen, und daß die größern
Geschwindigkeiten der entferntern und die
kleinern der nähern Teilchen sich nicht
völlig ausgleichen. Ebenso erklärt Kant
die geringen Neigungen der Planetenbah
nen daraus, daß die Teilchen, welche die
Planeten bilden, nicht genau der Mittel
ebene (»der allgemeinen Beziehungsfläche
ihrer Bewegungen«) entnommen sind,
sondern aus einiger Entfernung von der
einen oder der andern Seite derselben.
Die Dichte der Materie wird im allge
meinen mit der Annäherung an das Zen
trum, die Sonne, wachsen; doch wird sie
nicht in gleicher Entfernung überall gleich
groß sein. »Denn Teilchen von einerlei
spezifischer Gattung müssen in desto größern
Weiten von der Sonne die zur beständigen
Winkelbewegung erforderliche Mäßigung
ihres Falles erlangen und schweben bleiben,
von je größern Entfernungen sie zu ihr
herabgesunken sind. Die Entfernungen
der Materien von dem Mittelpunkt ihrer
Senkung werden also nicht allein durch
die spezifische Schwere derselben, sondern
auch durch ihre ursprünglichen Plätze bei
der ersten Ruhe der Natur bestimmt, und
es ist daher leicht zu erachten, daß in jedem
Abstand'von der Sonne ihrer sehr ver
schiedene Gattungen zusammenkommen
werden, um daselbst schweben zu bleiben.«
Was nun die Massen der Himmels
körper anlangt, so ist »sehr begreiflich,
daß der Zentralkörper allemal das Haupt
stück seines Systems sein müsse, folglich
die Sonne an Masse beträchtlich größer
als die gesamten Planeten sein müsse«.
Zur Begründung dieses Satzeö wird an
geführt, daß die Sonne nicht bloß durch
Anhäufung von Teilchen, die um daö
Zentrum herumlagen, entstanden ist, son
dern daß zu ihrer Entstehung Partikeln
aus dem ganzen Umfang der Masse beige
tragen haben.
Bei der Masse der Planeten kommt es
wesentlich auf die Entfernung von der
Aonne an, 1) weil die Sonne durch ihre
Anziehung die Sphäre der Anziehung
eines Planeten vermindert, aber bei den
entferntern, wenn sonst die Umstände
leich sind, weniger als bei den nähern;
) weil die Zirkel, aus denen alle Teilchen
zusammengekommen sind, einen entfern
tern Planeten auszumachen, größer sind
und also mehr Grundstoff in sich fassen
als die kleinern Zirkel, und 3) weil der
Raum zwischen den zwei Flächen der
größten Abweichung bei gleicher Anzahl
Grade in großen Höhen größer als in
kleinen ist. Sind durch diese Umstände
die sonnenfernen Planeten begünstigt vor
den sonnennahen, so kommt in der Nähe
der Sonne allerdings die größere Dichte
der Materie als ein die Anhäufung großer
Mafien fördernder Umstand in Betracht;
es ist aber leicht einzusehen, daß die erstern
Vorteile zur Bildung großer Massen über
wiegen, und daß daher die Planeten, die
sich in weitem Abstand von der Sonne
bilden, größere Massen als die nahen be
kommen müssen.
Der oben zuerst erwähnte Umstand,
daß die Sonne durch ihre Anziehung die
Sphäre, aus der ein sich bildender Planet
seine Masse entnimmt, einschränkt, tritt
auch in gleicher Weise bei den größern
Planeten ein, und Kant mutmaßt, daß
die Kleinheit der Masse des Mars, der ja
seiner Stellung nach größer als die Erde
sein sollte, wahrscheinlich durch die Nähe
des masscreichen Jupiter verursacht ist;
auch Saturn sei nicht frei geblieben vom
Einfluß des Jupiter, und vielleicht sei
die ausnehmende Kleinheit des Merkur
nicht bloß der Anziehung der Sonne, son
dern auch der Nachbarschaft der Venus
zuzuschreiben.
Diese Theorie von der mechanischen
Bildung der Himmelskörper glaubt Kant
durch eine Bemerkung über die Wahr
scheinlichkeit der Hypothese zu einer förm
lichen Gewißheit erheben zu können. Wenn
nämlich die Sonne aus denselben Stoffen
besteht, die sich in den einzelnen Planeten
finden, nur daß sie dort alle gemischt, hier
aber je nach ihrer Dichte in verschiedenen
Abständen von der Sonne geordnet sind,
so wird die mittlere Dichte der Planeten
ungefähr mit derjenigen der Sonne über
einstimmen. Kant beruft sich dabei auf
Buffon, welcher das Verhältnis 64:65