Full text: Lexikon der Astronomie

288 Kosmogoiüe 
(Saturnring). 
selben zu bewegen; dabei durchschneiden 
sie die verlängerte Aquatorebene, und in 
dem die von entgegengesetzten Seiten kom 
menden Teilchen fid) gegenseitig dort auf 
halten, muß sich alle zerstreute Dunst- 
masse in der Nähe dieser Ebene in einem 
nicht gar breiten Rcqim sammeln. 
Kant macht nun den Versuch, die Ro 
tationszeit des Saturn, die damals noch 
nicht durch Beobachtung gefunden war, 
zu berechnen. Zu dem Zweck nimmt er 
an, daß die Teilchen, welche den Ring 
bilden, sich nach den Keplerschen Gesetzen 
bewegen, gerade sowie die Monde, woraus 
folgt, daß die Geschwindigkeiten in der 
Bahn sich umgekehrt wie die Quadrat 
wurzeln ihrer Abstände vom Hauptpla 
neten verhalten. Mit Benutzung Cassini 
scher Angaben bezüglich des ersten Tra 
banten und des Ringes findet Kant dann 
die Umlaufszeit für den innern Rand des 
Ringes ungefähr 10 und für den äußern 
Rand etwa 15 Stunden. Indem er nun 
weiter annimmt, daß die Teilchen, welche 
den innern Rand deö Ringes bilden, dem 
Äquator der Planeteu entstammen, und 
daß daher ihre Geschwindigkeit so groß ist 
wie diejenige eines Aquatorpunkts, be 
rechnet er die Umlaufszeit des Planeten 
zu 6 Stund. 23 Min. 53 Sek. Mit den 
heutigestags zu Gebote stehenden Daten 
ergibt sich diese Zeit noch kleiner: 5 Stun 
den und einige Minuten. 
Es ist nun jedenfalls bemerkenswert, 
daß W. H e r s ch e l 1790 auf dem Weg der 
Beobachtung die Rotationszeit des innern 
Saturnrings zu 10 1 /* Stunden bestimmt 
hat. Der große französische Mathematiker 
Laplace hat auch noch 1825 im 5. Band 
seiner »Mécanique céleste« kein geringes 
Gewicht darauf gelegt, daß er bereits 1181 
diese Zeitdauer durch theoretische Betrach 
tungen auf ungefähr 5 /n Tag festgestellt 
hat. Dabei ist aber Laplace (in einer Ar 
beit über die Stabilität des Saturnrings) 
genau von denselben Grundsätzen wie 
Kant ausgegangen, so daß ihm also dieser 
um 32 Jahre zuvorgekommen ist. 
Aus der Rotationszeit des Saturn 
schließt Kant weiter, daß die Zentrifugal 
kraft am Äquator sich zur Schwere ver 
hält wie 5:8, woraus sich das Verhält 
nis der Achse des Planeten zum Durch 
messer des Äquators würde berechnen las 
sen, wenn uns über die Dichte des Saturn 
Näheres bekannt wäre. Kant spricht dabei 
die Hoffnung aus, daß es der Beobachtung 
mit verbesserten Instrumenten dereinst 
gelingen werde, die Abplattung des Sa 
turn wirklich zu entdecken. 
Aus der verschiedenen Geschwindigkeit 
der nähern und entfernten: Teile des 
Ringes schließt Kant ferner, daß derselbe 
in mehrere konzentrische Ringe zerfallen 
muß, die durch Zwischenräume getrennt 
sind. Man könnte die Anzahl dieser Ring 
streifen, ihre Breite und ihre Zwischen 
räume ausrechnen, wenn der Grad des 
Zusammenhangs der Teilchen bekannt 
wäre. Es ist hierbei zu erinnern, daß die 
1665 von B a l l, 1675 von Dom. Cassini 
und später von Maral di beobachtete 
weiteilung des Saturnrings zu Kants 
eiten wenig bekannt war. 
Endlich sucht Kant noch die Frage zu 
beantworten, woher es kommt, daß außer 
dem Saturn kein andrer Körper unsers 
Planetensystems einen Ring besitzt. Die 
Beantwortung ist sehr leicht auf Grund 
der vorgetragenen Theorie der Ringbil 
dung. Ist nämlich 6- die Schwere auf der 
Oberfläche des Planeten und r der Halb 
messer desselben, so ist die Anziehung, die 
der Planet in der Entfernung R ausübt, 
0 ' B a ‘ 
Steigt nun ein Teilchen vom Äquator 
aus, wo es die Geschwindigkeit v besitzt, 
in die Entfernung R auf, und behält es 
dabei die Geschwindigkeit v ungeändert bei, 
so ist die Zentrifugalkraft bei der Rotation 
V 3 
B 
Dieselbe muß aber, wenn das Teilchen 
sich in dem erwähnten Abstand erhalten 
soll, der Anziehung des Planeten gleick 
sein, und wenn man beide Größen gleich 
setzt, so erhält man die Proportion 
R:r = Q:y 
d. h. der Abstand R verhält sich zum Halb 
messer des Planeten wie die Schwere aus 
der Oberfläche des letztern zur Zentrifugal 
kraft am Äquator. Mithin würde der
	        
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