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Kosmogonie (Laplaces
Abstand k, d. h. der innere Halbmesser des
Ringes, beim Jupiter lOmal und bei der
Erde 289mal so groß sein müssen, als der
Halbmesser des Planeten ist, Entfernun
gen, bis in welche die Materie deö Plane
ten sich schwerlich erhebt.
Eine im wesentlichen ganz gleiche Theo
rie wie Kant 1755 hat der französische
Mathematiker Laplace 1796 in seiner
»Auseinandersetzung des Weltsystems«
vorgetragen, und merkwürdigerweise ist
die ganze Theorie vorzugsweise durch diese
Darstellung Laplaces bekannt geworden,
die bei weitem nicht so eingehend ist als
die Kantsche. Bis auf die neueste Zeit hat
man sogar diese Theorie oder Hypothese
allgemein als die Laplacesche bezeichnet.
Zur Erklärung der Thatsachen, daß
alle Planeten und Monde sich in derselben
Richtung und nahezu in derselben Ebene
um die Sonne bewegen, und daß die Pla
netenbahnen nur geringe Exzentrizitäten
haben, nimmt Laplace an, daß die Atmo
sphäre der Sonne ehedem infolge ihrer
ungeheuern Temperatur sich weiter über
die Bahnen der Planeten hinaus erstreckt
und erst allmählich in ihre gegenwärtigen
Grenzen zurückgezogen habe. Die Sonne
mit ihrer weit über ihre jetzigen Gren
zen ausgedehnten Atmosphäre denkt sich
Laplace in rotierender Bewegung, ohne
daß er, wie Kant, den Versuch macht, diese
Bewegung zu erklären. Indem nun diese
rotierende Masse erkaltet, bilden sich an
ihrer äußern Grenze in der Ebene ihres
Äquators rotierende Zonen, ähnlich den
Ringen des Saturn, die wahrscheinlich
auf analoge Art aus der Atmosphäre die
ser Planeten entstanden sind. Aus solchen
Zonen bildeten sich dann die Planeten.
Professor Zöllner in Leipzig hat in
seiner 1865 veröffentlichten Schrift »Pho
tometrische Untersuchungen« dm Versuch
gemacht, sämtliche Erscheinungen, welche
die Himmelskörper darbieten, abgesehen
von ihren Ortsveränderungen, als Kon
sequenzen des Hauptsatzes der Kantschen
Hypothese von der ursprünglich dunstför
migen Verteilung der Materie im Welt
raum und ihrer allmählichen Verdichtung
darzuthun. Er nimmt dabei an, daß die
Temperatur jener ursprünglichen Nebel-
Astronomie.
und Zöllners Theorien).
masse eine außerordentlich hohe gewesen
sei, und daß diese Nebelmasse eine Rota
tionsbewegung besessen habe. Dadurch
kommt er zu dem Resultat, daß wahr
scheinlich alle Fixsterne, die ja ebenso wie
unsre Sonne durch Verdichtung aus sol
chen glühenden Nebelmassen entstanden
sind, eine Rotation um ihre Achse haben.
Unter Voraussetzung einer ursprüng
lich glühenden und rotierenden Dunst
masse, welche die wesentlichen der uns be
kannten Stoffe im gasförmigen Aggregat
zustand enthalt, und einer fortdauernden
Wärmeausstrahlring unterscheidet mm
Zöllner die folgenden fünf Perioden
oder Entwickelungsphasen eines Welt
körpers :
1) die Periode des glühend-gasförmi-
en Zustands; 2) die Periode des glü-
end-stüssigen Zustands; 3) die Periode
der Schlackenbildung oder der allmählichen
Entwickelung einer kalten, nicht leuchten
den Oberfläche; 4) die Periode der Erup
tionen oder der gewaltsamen Zerspren
gung der bereits kalt und dunkel gewor
denen Oberfläche durch die innere Glut-
masse; 5) die Periode der vollendeten
Erkaltung.
Die erste Periode tritt uns entgegen in
den plauetarischen Nebeln oder Gasnebeln,
d. h. in denjenigen Nebelflecken, welche im
Fernrohr als mehr oder weniger scharf
begrenzte Scheiben erscheinen, die ein
gleichförmiges Licht besitzen, wie die Pla
neten. Das Spektrum dieser Objekte be
steht aus drei Hellen Linien, deren Wellen
längen nach d'Arrest 500,4, 495,7 und
486,1 Milliontelmillimeter betragen. Ans
dieser Beschaffenheit des Spektrums muß
man schließen, daß das Licht von einer
glühenden Gasmasse herstammt. Beim
Übergang zur zweiten Entwickelungsphase
wird ein Teil des Gases sich bereits kon
densierthaben, und wir werden dann einen
oder mehrere schwache Sternchen in dem
Nebel wahrnehmen; auch wird außer den
Hellen Linien im Spektroskop noch ein
schwaches kontinuierliches Spektrum mit
feinen dunkeln Absorptionslinien sichtbar
sein, wie dies in der That mehrfach beob
achtet worden ist.
Die zweite Periode denkt sich Zöllner
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