Full text: Lexikon der Astronomie

298 
Länge. 
oder geographische L. desselben ist der 
Bogen des Äquators oder Parallelkreises 
zwischen dein Meridian des Orts und dem 
ersten Meridian (vgl. Meridian). Sie wird 
vom ersten Meridian aus entweder nach 
O. von 0 bis 360° oder nach O. sowohl 
als nach W. von 0 bis 180° gezählt. 
Alle Punkte, die unter demselben Meridian 
liegen, haben gleiche L. Da ein Ort, der 
um 15° weiter nach O. liegt, die Sonne 
bei der täglichen Umdrehung der Erde ge 
rade eiile Stunde früher im Meridian er 
blickt, so rechnet man die L. auch nach 
Stunden, Minuten und Sekunden, also 
nach Zeit statt nach Gradmaß, und dabei ist 
Zeitmaß Gradmaß 
11» (1 Stunde) = 15° 
l m (1 Minute) = 15' 
l s (1 Sekunde) = 15" 
4» = 1' 
0,0666... 8 oder Vu 8 . . . = 1". 
Es ist also gleich, ob man die L. von 
Washington (Marinesternwarte) 
5I1 8 m 12,3s 8 
oder 77° 3' 5,8s" 
westlich von Greenwich angibt. 
Hiernach stimmt der Längenunterschied 
zweier Orte überein mit der Verschieden 
heit der gleichzeitigen Angaben der Orts 
uhren, vorausgesetzt, daß letztere die Orts 
zeit richtig angeben, und es ist also zur Er 
mittelung des Längenunterschieds zweier 
Orte notig, 
1) die genaue Zeit an beiden Orten für 
ein und denselben Augenblickzu kennen und 
2) die Angaben beider Uhren mitein 
ander zu vergleichen. 
Das erstere hat keine Schwierigkeiten 
(vgl. Zeit), aber die Vergleichung der Zeit 
angaben zweier Orte ist nicht leicht mit 
der nötigen Genauigkeit und Zuverläs 
sigkeit ausführbar. Daher sind auch in 
früherer Zeit ganz gewaltige Irrtümer in 
Bestimmung der geographischen L. began 
gen worden. So gaben im Altertum die 
alexandrinischen Gelehrten dem Mittel 
meer eine Ausdehnung von 60° in der L. 
und selbst die besten europäischen Geogra 
phen des 17. Jahrh, eine solche von 55°, 
während dieselbe nur 40° beträgt. Ptole- 
mäoö nahm 177° als Längenunterschied 
zwischen dem westlichen Europa und der 
Hauptstadt von China an, der vor seiner 
Zeit lebende Marinus Tyrus aber 225°, 
und die Angabe des Marinus fand gegen 
Ende des Mittelalters allgemeine Ver 
breitung, daher man den Zwischenraum 
zwischen Spanien und dem Ostrand Asiens 
nur zu 130° annahm, ein Umstand, der 
Kolumbus wesentlich zur Unternehmung 
seiner Entdeckungsfahrten ermutigt hat. 
Die wichtigsten Methoden zur Bestim 
mung des Längenunterschieds zweier Orte 
sind folgende: 
1) Es wird ein Ereignis, das an bei 
den Orten genau in demselben Augenblick 
sichtbar wird, beobachtet und die Uhrzeit 
an jeder Beobachtungsstation bestimmt. 
Die Differenz der beiden Zeitangaben ist 
die Längendifferenz. 
Schon Hipparch machte auf die 
Mondfinsternisse als hierzu geeignete 
Erscheinungen aufmerksam und bestimmte 
zu diesem Zweck den Eintritt derselben 
auf eine Reihe von Jahren so genau im 
voraus, als seine Theorie des Sonnen- 
und Mondlaufs es gestattete. Nicht nur 
Anfang und Ende einer Mondfinsternis, 
sondern auch der Eintritt eines beliebigen 
Mondflecks in den Schattenkegel der 
Erde oder der Austritt aus demselben 
können zu diesem Zweck verwendet wer 
den. Weil aber der Schatten der Erde 
auf der Mondfläche nur undeutlich, nicht 
scharf begrenzt erscheint, so werden bei sol 
cher Bestimmung des Längenunterschieds 
Fehler von einer Zeitminute und darüber 
begangen. Dazu kommt noch als Übel 
stand die Seltenheit der Mondfinsternisse. 
Dieselben werden daher in neuerer Zeit 
kaum noch zu dem angegebenen Zweck 
beobachtet; bis zu Ende des Mittelalters 
und noch für Ulugbegh waren sie das 
einzige Mittel für Längenbestimmungen. 
In derselben Weise lassen sich auch die 
Ein- und Austritte der Jupiter 
trabanten in den Schattenkegel ihres 
Hauptplaneten benutzen, wie Galilei 
bereits 1610 bemerkt hat. Indessen erfol 
gen dieselben nicht ganz Plötzlich, sind also 
nicht mit vollkommener Schärfe zu beob 
achten, daher man sie ebenfalls nur sel 
ten mehr zu Längenbestimmungcn benutzt.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.