Full text: Lexikon der Astronomie

Marsmonde. 
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zuließe.« Sehr eingehende Mitteilungen 
über die M. macht der englische Satiriker 
Swift in seinen berühmten »Reisen von 
Lemuel Gulliver«, die zuerst 1727 er 
schienen. Im sechsten Kapitel des dritten 
Teils erzählt er, daß die Astronomen der 
Laputaner mit ihren ausgezeichneten 
Fernrohren zwei kleine Trabanten des 
Mars gefunden haben, die um drei und 
fünf Marsdurchmesser vom Mittelpunkt 
des Planeten abstehen und in 10, be 
ziehentlich 21V« Stunden, entsprechend 
dem dritten Keplerschen Gesetz, ihren Um 
lauf vollenden. Später hat Boltaire in 
seinem »Mikromegas«, welcher die Reise 
eines Siriusbewohners nach den ver 
schiedenen Planeten schildert, ebenfalls 
der Existenz zweier M. gedackt. Auch in 
neuerer Zeit haben wieder einzelne ihre 
feste Überzeugung von der Existenz von 
Marsmonden ausgesprochen, so der fran 
zösische Gelehrte Boutigny in seinen 
»Studien über den sphäroidalen Zustand 
der Körper«. 
Während aber der Glaube an die Exi 
stenz eines oder mehrerer M. sich bestän 
dig erhielt, wollte die Entdeckung eines 
solchen den Astronomen nicht gelingen, 
und Mädler meinte daher vor mehr als 
30 Jahren, daß dem Mars ein Mond 
fehle, oder wenn ein solcher vorhanden 
sei, so könnte sein Durchmesser kaum 3 
Meilen betragen, weil er uns sonst in 
günstigen Oppositionen nicht verborgen 
bleiben könnte. Ein wesentliches Hinder 
nis für die Auffindung eines solchen 
Mondes bildete übrigens der lebhafte 
Glanz des Mars, der das Erkennen kleiner 
Sterne in der Nähe der Planetenschcibe 
sehr schwierig machte. Deshalb konnte 
auch d'A rieft 1864 mit dem lOVrzölligen 
Refraktor der Sternwarte zu Kopenhagen 
Sterne unter 12. Größe in einer geringern 
Entfernung als 8—10 Bogeuminuten 
nicht mehr wahrnehmen. 
Erst mit dem großen Clarkschen Re 
fraktor der Sternwarte zu Washington, 
der 66 cm Öffnung und 9,75 m Brenn 
weite besitzt, gelang es, während der Oppo 
sition des Mars 1877 zwei Monde des 
selben zu entdecken. Als Asaph Hall 11. 
Aug. die Umgebung des Mars mit diesem 
Astronomie. 
Instrument durchsuchte, entdeckte er 70,6" 
vom Mittelpunkt des Planeten entfernt 
ein Lichtpünktchen 13. Größe. Wolken 
machten die weitere Beobachtung bis 16. 
Aug. unmöglich. An diesem Tag war der 
Stern wiedersichtbar, und innerhalb weni 
ger Stunden war seine Zugehörigkeit zum 
Mars dargethan. Am folgenden Abend fand 
Hall noch einen zweiten Satelliten in nur 
30,s"Abstand auf. Später sind diese Monde 
mehrfach in Amerika und auch in Europa 
beobachtet worden, nicht nur 1877, son 
dern auch während der Opposition 1879; 
und wie so oft schon Objekte, nachdem sie 
einmal durch kräftige Instrumente ent 
deckt worden sind, auch in Fernrohren 
von geringerer Kraft wieder aufgefunden 
werden konnten, so ist auch der äußere 
Marsmond wiederholt mit einem Fern 
rohr von 17,8 cm Öffnung durch Erck in 
Sherrington (England) deutlich gesehen 
worden. 
Auf Anregung des Prof. Madan in 
Eton (England) gab Hall den beiden 
Marsmonden die Namen »Phobos« 
(griech. s. v. w. Entsetzen) und »Deimos« 
(griech. Grauen), welches die Namen der 
Begleiter des Ares (Mars) sind, deren 
Homer in der Ilias, XV, 119, gedenkt, 
wo es von dem aus dem Olymp in die 
Schlacht eilenden Ares heißt: 
Jener sprachs; und die Rosse gebot er dem Grau'n 
und Entsetzen 
Anzuschirren, und zog hellstrahlendes Waffenge- 
schmeid' an. 
Eine Größenbestinimung ist bei keinem 
der beiden Monde möglich gewesen, da sie 
im Fernrohr nur wie feine Lichtpunkte 
ohne jede Spur einer Ausdehnung er 
scheinen. Beide sind sicher außerordent 
lich klein, und der äußere hat wahrschein 
lich nicht über 20 km Durchmesser, wäh 
rend der innere größer sein mag. 
Dagegen sind wir über ihre Bahnen und 
Umlaufszeiten ziemlich genau unterrichtet; 
beide laufen nahezu in der Ebene des 
Marsäquators in den im Art. »Neben 
planeten« angegebenen Entfernungen um 
ihren Hauptpläneten und zwar der in 
nere in 7%, der äußere in 30V« Stun 
den. Da nun der Mars selbst sich in 24 
Stund. 37 Min. um seine Achse dreht, 
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