Full text: Lexikon der Astronomie

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Meridiankreis. 
ben wechselnden Zustand der Luft am Bo 
den erzeugten Unruhe der Bilder immer 
sehr unsicher ist, so wendet man gegen 
wärtig lieber Kollimatoren an; das sind 
kleine, an einer Mauer befestigte Fernrohre 
mit Fadenkreuz, die mit dem Fernrohr des 
Meridiankreises, wenn es in horizontaler 
Stellung genau im Meridian steht, die 
optische Achse gemein haben. Bei dieser 
Stellung wird dann, wenn man durch 
das Fernrohr in den Kollimator sieht, der 
vertikale Mittelfaden des einen mit dem 
des andern koinzidieren, und wenn eine 
Abweichung vorhanden ist, so kann man 
dieselbe mittels des beweglichen Fadens im 
Fernrohr des Meridiankreises finden (vgl. 
Mikrometer). Damit solche Beobachtungen 
auch zur Nachtzeit angestellt werden kön 
nen, hat S t rn v e eine sogen. N a ch t m i re 
vorgeschlagen. Dem Fernrohr gegenüber 
wird auf einem Steinpfeiler, dermiteinem 
Häuschen überdeckt ist, ein Objektiv von 
sehr großer Brennweite (ungefähr 160 in) 
in der oben angegebenen Lage fest aufge 
stellt. Im Brennpunkt dieses Objektivs 
ist nun eine in der Mitte durchbohrte ver 
tikale Messingplatte angebracht, die von 
der Rückseite beleuchtet wird. Die kleine 
Durchbohrung bildet dann die Marke, 
nach der man visiert. 
Bis jetzt haben wir angenommen, daß 
die optische Achse des Fernrohrs auf der 
Drehungsachse genau senkrecht steht; in 
der Regel weicht sie aber von dieser Lage um 
eine geringe Größe ab, die man den Kol- 
limationsfehler nennt. Man kann 
denselben finden, wenn mau das Fernrohr 
des Meridiankreises umlegt, so daß der 
geteilte Kreis einmal aus der West-, das 
andre Mal auf der Ostseite steht. Sieht 
man dann in der einen und in der andern 
Lage nach einem in horizontaler Richtung 
in der Ebene des Meridians befindlichen 
irdischen Objekt (z. B. dem Teilstrich eines 
Meridianzeichens oder dem Faden eines 
Kollimators), so wird man beide Male ver 
schiedene Abweichungen beobachten, und 
der Kollimationsfehler ist das arithme 
tische Mittel aus beiden. 
Statt dessen kann man auch die Kul- 
miuationSzeiten t und t' eines dem Pol 
lehr nahe stehenden Sterns (gewöhnlich 
nimmt man K, ck oder l des Kleinen Bä 
ren) bei westlicher und östlicher Lage des 
Kreises beobachten. Der Kollimations- 
fehler ist dann 
15 - - sec 8, 
wenn 8 die Deklination des Sterns be 
deutet. Man muß sich hierzu eines dem 
Pol nahestehenden Sterns bedienen, dessen 
scheinbare Bewegung sehr langsam ist 
(weil er einen kleinen Parallelkreis be 
schreibt), damit man genügend Zeit zur 
Umlegung des Fernrohrs hat. Zum Zweck 
der Umlegung wird das Fernrohr auf 
einen besondern Wagen gehoben, den man 
auf Schienen zwischen die Pfeiler des In 
struments schiebt. 
Richtet man das Fernrohr nack einem 
im Meridian befindlichen Stern, so gibt 
jedes Mikroskop an dem Kreis eine be 
stimmte Ablesung, und wenn man dies 
bei einem andern Stern wiederholt, so 
gibt die Differenz der Ablesungen an dem 
selben Mikroskop den Deklinationsunter- 
schied der beiden Sterne, sowie uns der 
Unterschied der Kulminationszeiten deren 
Rektaszensionsunterschied gibt. Um aber 
die Zenithdistanz eines Sterns bei seiner 
Kulmination zu finden, muß man noch 
den Zenithpunkt, d. h. den höchsten 
Punkt des Kreises, genau kennen, oder 
man muß wissen, welcher Teilstrich des 
Limbus vor dem Mittelfaden eines Mi 
kroskops steht, wenn das Fernrohr genau 
nach dem Zenith gerichtet ist. Statt dessen 
bestimmt man gewöhnlich den Nadir 
punkt, der von jenem 180° entfernt ist, 
und zwar nach einem von B o h n e n b e r - 
ger 1826 angegebenen Verfahren. Man 
richtet nämlich das Fernrohr vertikal ab 
wärts und stellt darunter ein Gefäß mit 
Quecksilber, einen künstlichen Horizont. 
Beim Durchsehen erblickt man dann nicht 
bloß das Fadenkreuz, sondern auch sein 
Spiegelbild im Quecksilber, und bei genau 
vertikaler Stellung des Fernrohrs müssen 
beide zusammenfallen. 
Die Aufstellung des Meridiankreises 
geschieht in einem Raum, dessen Wände 
und Dach in der Ebene des Meridians eine 
verschließbare Spalte (Meridianspalte) 
haben, durch welche man beobachtet.
	        
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