Mikrometer.
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Sterne längs eines der festen Parallel
fäden durch' das Gesichtsfeld geht, unb
dreht die Schraube so weit, daß der Durch
gang des andern Sterns längs des beweg
lichen Fadens erfolgt. Dreht man dann
die Schraube so weit zurück, daß beide Fä
den sich decken, und liest dabei die Anzahl
der ganzen Schraubenumdrehungen so
wie auf dem Kopf der Schraube die der
Hundertstel ab, welche dazu nötig sind, so
hat man sofort die Deklinationsdifferenz,
sofern der Wert einer Schraubenumdre
hung in Bogensekunden bekannt ist.
Um den Wert einer Schraubenumdre
hung in Bogensekunden zu ermitteln,
dreht man das M. so, daß der vorher ver
tikale Mittelfaden horizontal wird, und
beobachtet die Durchgangszeiten eines dem
Pol nahestehenden, also langsam sich be
wegenden Sterns durch die einzelnen
Parallelfäden. Man erhält dann, indem
man die Zeitdifferenzen in Sekunden mit
15 cos ->(<>—Deklination) multipliziert,
die Abstände der Parallelfäden in Bogen
sekunden, und da man dieselben auch in
Schraubenumdrehungen bestimmen kann,
indem man den verschiebbaren Faden der
Reihe nach mit den verschiedenen Paral
lelfäden zur Deckung bringt, so ergibt sich
durch einfache Division der Wert eines
Schraubenumgangs.
Das Fadenmikrometer ist gewöhnlich
noch mit einem Positionskreis ver
bunden, d. h. mit einem am Okular an
gebrachten geteilten Kreis, an welchem
man die Drehung des Mikrometers able
sen kann; es heißt dann ein Positions
mikrometer. Man kann mit demselben
sowohl die Distanz zweier nahe bei einan
der stehender Sterne als auch den Posi
tionswinkel bestimmen, d. h. den Win
kel , welchen die Verbindungslinie beider
mit dem nach N. (oben) gehenden Teil
des Deklinationskreises in der Richtung
über O., S. rc. bildet. Um diese Mes
sungen vorzunehmen, stellt man einen
der festen Parallelfäden, am besten den
mittelsten, auf den einen Stern ein und
zwar erst so, daß dieser Faden in die Rich
tung der täglichen Bewegung, der dazu
senkrechte Faden also in den Stunden
kreis fällt, sodann aber so, daß der letz-
Astronomie.
tere Faden durch beide Sterne geht. Der
Unterschied der beiden Ablesungen am Po--
sitionskreis gibt den Positionswinkel. Die
Distanz ergibt sich aus den beiden Angaben
der Schraube, wenn man den beweglichen
Faden einmal auf den Mittelfaden, das
andre Mal auf den zweiten Stern einstellt.
Bei diesen Messungen ist es zweckmäßig,
wenn das Äquatorial mit einem Uhr
werk versehen ist und der Bewegung der
Sterne folgt.
Der Ursprung des Fadenmikrometers
fällt mit dem des Fadenkreuzes (s. d.) zu
sammen. Von Auzout und Picard
weiß man, daß sie viele Messungen mit
Hilfe eines durch eine Schraube verschieb
baren Fadens ausführten. Es war aber
bei dem damaligen Stande der Technik
unmöglich, die Schrauben so genau gleich
mäßig zu schneiden, daß man den Abstand
des festen vom verschiebbaren Faden mit
hinlänglicher Genauigkeit aus der Anzahl
der Schraubenumgänge bestimmen konnte.
Picard wandte daher'zuletzt die Schraube
nur zur Einstellung des Fadens an, brachte
dann seine Fadenplatte auf eine mit einer
feinen Teilung versehene Skala und ver
glich mittels eines Mikroskops die Fäden
mit den Teilstrichen. Erst Fraunhofer
und Repsold schnitten hinreichend ge
naue Schrauben; kleine Ungleichmäßig
keiten bleiben aber immer noch übrig, und
wenn es sich um genaue Messungen han
delt, müssen dieselben besonders bestimmt
werden. Das Positionsmikrometer ist erst
von Fraunhofer konstruiert worden.
Außer den erwähnten sind noch andre
M. konstruiert worden. Von Fadenmikro
metern sind namentlich noch das C a s s i n i -
sche Fadennetz und der Bradleysche
R h o m b u s zu erwähnen. Ersteres enthält
vier feste Fäden a, b, c, d (Fig. 2), die sich
unter Winkeln von 45° schneiden. Wird
nun der Faden a parallel zur täglichen Be
wegung der Sterne gestellt, so ist das arith
metische Mittel aus den beiden Zeiten, in
denen ein Stern erst den Faden b bei N und
dann den Faden d bei M passiert, der Zeit
punkt des Durchgangs durch den Stunden
kreis bei P, und aus der Zeitdauer t des
Wegs NM findet man für den Abstand
OP vom Mittelpunkt
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