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Parallaxe
(der Sonne).
Auch die Höhenparallare des Mondes
erleidet durch die Abplattung der Erde
kleine Änderungen. Da diese Größen für
den Seefahrer zur Reduktion der Mond
distanzen, deren er sich zu Längenbestim-
mungen bedient, von Wichtigkeit sind, so
sind sie in den nautischen Jahrbüchern
angegeben.
Parallare der Sonne.
Auf dieselbe Weise wie beim Mond
läßt sich auch beim Mars und bei den uns
zunächst stehenden Planetoiden zur Zeit
der Opposition, also wenn sie uns am
nächsten stehen, die P. finden. Diese Be
stimmungen sind besonders deshalb von
Wichtigkeit, weil sie ein Mittel in die Hand
geben, die P. der Sonne auf indirektem
Weg zu finden. Diese hat nämlich einen
viel zu kleinen Wert, als daß man ihn
aus Messungen der mittägigen Höhe oder
Zenitbdistanz desSonnenmittelpunkts mit
einiger Sicherheit finden könnte; denn sie
beträgt bloß ungefähr 9 Bogensekuuden.
Die Kenntnis dieser Größe ist aber von
größter Wichtigkeit, weil durch sie die
Entfernung der Erde von der Sonne
bestimmt wird, und kennt man diese
sowie die Umlaufszeiten der verschiedenen
Planeten, so kann man mit Hilfe des
dritten Keplerschen Gesetzes die mittlern
Abstände der Planeten von der Sonite be
rechnen. Diesem Gesetz zufolge verhalten
sich nämlich die Quadrate der Umlaufs
zeiten zweier Planeten wie die dritten Po
tenzen ihrer mittlern Entfernungen von
der Sonne. Es sind z. B. die siderischen
Umlaufszeiten der Erde und des Mars
365,26 und 686,98 Tage, welche Zahlen
sich wie 1:1,88 verhalten; das Verhält
nis der Quadrate ist demnach 1:3,54, und
indem man die dritte Wurzel zieht, erhält
man für das Verhältnis der mittlern Ent
fernung von der Sonne 1 : 1,524. Beweg
ten sich' Erde und Mars in kreisförmigen
konzentrischen Bahnen um die Sonne, so
würde uns Mars zur Zeit der Opposition
bis aus 0,524 des Erdbahnhalbmessers nahe
kommen; infolge der bei diesem Planeten
ziemlich bedeutenden Exzentrizität der
Bahn kann aber die Annäherung eine
noch viel größere werden. Solche Zeiten
in denen uns Mars so nahe steht, sind nun
besonders geeignet zur Ermittelung der
Marsparallare, aus der man dann die P.
der Sonne findet. Die erste genauere Be
stimmung dieser Größe verdanken wir
dem französischen Astronomen Dominique
Cassini. Auf dessen Vorschlag ging 1671
Jean Richer nach Cayenne, um dort
Zenithdistanzen des Mars während seiner
Opposition im Herbst 1672 zu messen,
während die entsprechenden Beobachtungen
in Paris durch Picard und Olaf Rö-
m e r ausgeführt wurden. Aus diesenMes-
sungen ergab sich die Marsparallare gleich
25 Vs". Es betrug aber damals die Ent
fernung des Mars von der Erde 8 le des
Erdbahnhalbmessers, und da die P. um
gekehrt proportional der Entfernung ist,
so beträgt dieselbe in der Entfernung 1,
oder, was dasselbe ist, es beträgt die P. der
Sonne 25V3"- s /8 oder 9Va", woraus die
Entfernung der Erde von der Sonne gleich
21,712 Aquatorhalbmessern der Erde folgt.
Neuerdings hat Leverrier aus der
von Richer, Picard und Römer 1. Okt.
1672 beobachteten Bedeckung des Sterns
im Wassermann durch den Mars die
Sonnenparallarezu 8,866" berechnet.
Als 1755 der Mars für einige Erdorte
einen andern Fixstern bedeckte, beobachtete
Wargentin den Planeten einige Se
kunden südlich; Lacaille am Kap der
Guten Hoffnung dagegen sah ihn ein we
nig nördlich von diesem Stern. Daraus
leiteten sie eine Sonnenparallaxe von
10V«" ab.
Sehr umfassende Beobachtungen des
Mars wurden während der Opposition
desselben im Herbst 1862 auf verschiedenen
Sternwarten der nördlichen und südlichen
Hemisphäre nach einem von Winnecke
entworfenen Plan angestellt. Auö ihnen
hat Newcomb den Wert 8,855" für die
Sonnenparallaxe berechnet, wogegen Gill
aus Beobachtungen 1877 während der
Marsopposition 8,78" gefunden hat.
In derselben Weise wie Mars können
auch einzelne Planetoiden, die in ihrer
Opposition der Erde sehr nahe kommen,
zur Bestimmung der Sonnenparallaxe
verwendet werden. Zwar stehen sie der
Erde nie so nahe wie der Mars, dafür