380
Parallaxe (Venusdurchgang 1874).
und Jakutsk. Von der französischen Aka
demie wurde Chappe nach Kalifornien
und Pi ng re nach San Domingo geschickt;
England sandteWales nach derHudsons-
bai und Call nach Madras. Außerdem
aber wurde die erste Weltumsegeluug des
Kapitäns Cook hauptsächlich behufs Be
obachtung des Venusdurchgangs in der
Südsee unternommen, und es wurden zu
dem Zweck die Astronomen Green und
Selander mitgeschickt, die dann auch
auf Otahaiti beobachteten. Aus den ge
wonnenen zahlreichen Resultaten hat 1824
Encke den Wert von 8,6030" für die Son-
nenparallaxe bestimmt.
Aus beiden Bestimmungen hat En cke
1827 nach Berichtigung einer Angabe in
Hells Beobachtungen den Wert &,57ii6"
berechnet, der einer Entfernung der Erde
von der Sonne von 24064,9 Erdhalbmes
sern oder 153,742,000km ober 20,682,000
geogr. Meilen entspricht. Dieser Wert ist
säst 40 Jahre lang für sehr genau, bis auf
V- Proz. sicher gehalten worden.
In den 60er Jahren brach sich indessen
die Erkenntnis Bahn, daß der Enckesche
Wert der Sonnenparallare zu klein sein
müsse. Es waren nämlich inzwischen ver
schiedene andre Werte ermittelt worden,
die sämtlich größer waren. Der Bestim
mung aus den Marsbeobachtungen 1862
haben wir bereits gedacht. Ferner ist die
Entfernung der Sonne von Einfluß auf
die Mondbewegung, und der Astrononr
Hansen, welcher "sich lange mit der letz
tem beschäftigte, fand aus ihr den Wert
8,916". Auch iu andern Erscheinungen der
Mechanik deS Himmels spiegelt sich diese
Größe ab, und Laplace nahm für sie
den Wert 8,82" an, während Leverrier
aus den Störungen der Venuö und des
MarS den Mittelwert 8,86" gewann. Der
selbe Wert ergibt sich auch aus dem Fou
caultschen Werte der Lichtgeschwindigkeit
(298,000 km) und Struves Werte der
Aberrationskonstanten (20,Ei"; vgl. Aber
ration, ©. 3), und ebenso hat ihnPowalky
in Berlin 1864 aus einer neuen Unter
suchung des Venusdurchgangs von 1769
gefunden, bei welcher er von den verbesser
ten geographischen Längen verschiedener
Beobachtungsorte Gebrauch machte. Auch
> die sogen. Lichtgleichung (s. d.) in Verbin
dung mit der Lichtgeschwindigkeit kann
dazu dienen, die Entfernung der Erde von
der Sonne und daraus die Sonnenparall
are zu ermitteln. Es hat nun der ameri
kanische Astronom New comb in seinen
1867 erschienenen »Untersuchungen über
die Entfernung der Sonrie« auö verschie
denen bis dahin vorliegenden Bestimmun
gen als wahrscheinlichsten Wert der Hori
zontalparallare der Sonne 8,848" abgelei
tet, und dieser Wert in der gekürzten Form
8,85" sowie der in Frankreich übliche 8,86"
sind gegenwärtig am häufigsten im Ge
brauch. Dem Newcombschen Wert ent
spricht eine Entfernung der Sonne von
23311,7 Erdhalbmessern oder 148,670,000
km oder 20,036,000 geogr. Meilen.
Eine Entscheidung über den wahren
Wert dieser wichtigen Größe erwartete
man aber von den Beobachtungen der bei
den Venusdurchgänge 9. Dez. 1874 und
6. Dez. 1882, weshalb man zu ihrer Be
obachtung schon zeitig Anstalten traf.
Der Vorübergang von 1874 war voll
ständig sichtbar in Australien, Neuseeland,
Neuguinea, auf den ostindischen Inseln,
in Vorder- und Hinterindien, China, Ost
sibirien und Japan; weiter östlich, imStil-
len Ozean, war nur der Eintritt, weiter
westlich, im großen Teil Afrikas, dem öst
lichen Europa und westlichen Asien, nur
der Austritt sichtbar. Die Dauer des
Vorübergangs betrug auf den Kerguelen
im südlichen Indischen Ozean (49° südl.
Br. und 70° L. v. Gr.) 4 Stund. 27 Min.,
in Nertschinsk 4 Stund. 51 Min.
Zur Beobachtung sandte Großbritan
nien fünf amtliche Expeditionen aus: nach
den Sandwichinseln, nach Rodriguez, Neu
seeland, den Kerguelen und Ägypten; dazu
kam noch die Expedition des Lords Lind-
say nach Mauritius. Ferner beobachtete
Tennant im Auftrag der indischen Re
gierung in Roorkee, und auch auf den
Sternwarten von Madras, am Kap, in
Melbourne und Sydney wurden Beob
achtungen angestellt.
Frankreich besetzte sechs Stationen, drei
auf der südlichen Halbkugel: die Eampbcll-
insel im südlichen Großen Ozean (52°
südl. Br. und 169° östl. L. v. Gr.), St.