Full text: Lexikon der Astronomie

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Parallaxe (Venusdurchgang 1874). 
und Jakutsk. Von der französischen Aka 
demie wurde Chappe nach Kalifornien 
und Pi ng re nach San Domingo geschickt; 
England sandteWales nach derHudsons- 
bai und Call nach Madras. Außerdem 
aber wurde die erste Weltumsegeluug des 
Kapitäns Cook hauptsächlich behufs Be 
obachtung des Venusdurchgangs in der 
Südsee unternommen, und es wurden zu 
dem Zweck die Astronomen Green und 
Selander mitgeschickt, die dann auch 
auf Otahaiti beobachteten. Aus den ge 
wonnenen zahlreichen Resultaten hat 1824 
Encke den Wert von 8,6030" für die Son- 
nenparallaxe bestimmt. 
Aus beiden Bestimmungen hat En cke 
1827 nach Berichtigung einer Angabe in 
Hells Beobachtungen den Wert &,57ii6" 
berechnet, der einer Entfernung der Erde 
von der Sonne von 24064,9 Erdhalbmes 
sern oder 153,742,000km ober 20,682,000 
geogr. Meilen entspricht. Dieser Wert ist 
säst 40 Jahre lang für sehr genau, bis auf 
V- Proz. sicher gehalten worden. 
In den 60er Jahren brach sich indessen 
die Erkenntnis Bahn, daß der Enckesche 
Wert der Sonnenparallare zu klein sein 
müsse. Es waren nämlich inzwischen ver 
schiedene andre Werte ermittelt worden, 
die sämtlich größer waren. Der Bestim 
mung aus den Marsbeobachtungen 1862 
haben wir bereits gedacht. Ferner ist die 
Entfernung der Sonne von Einfluß auf 
die Mondbewegung, und der Astrononr 
Hansen, welcher "sich lange mit der letz 
tem beschäftigte, fand aus ihr den Wert 
8,916". Auch iu andern Erscheinungen der 
Mechanik deS Himmels spiegelt sich diese 
Größe ab, und Laplace nahm für sie 
den Wert 8,82" an, während Leverrier 
aus den Störungen der Venuö und des 
MarS den Mittelwert 8,86" gewann. Der 
selbe Wert ergibt sich auch aus dem Fou 
caultschen Werte der Lichtgeschwindigkeit 
(298,000 km) und Struves Werte der 
Aberrationskonstanten (20,Ei"; vgl. Aber 
ration, ©. 3), und ebenso hat ihnPowalky 
in Berlin 1864 aus einer neuen Unter 
suchung des Venusdurchgangs von 1769 
gefunden, bei welcher er von den verbesser 
ten geographischen Längen verschiedener 
Beobachtungsorte Gebrauch machte. Auch 
> die sogen. Lichtgleichung (s. d.) in Verbin 
dung mit der Lichtgeschwindigkeit kann 
dazu dienen, die Entfernung der Erde von 
der Sonne und daraus die Sonnenparall 
are zu ermitteln. Es hat nun der ameri 
kanische Astronom New comb in seinen 
1867 erschienenen »Untersuchungen über 
die Entfernung der Sonrie« auö verschie 
denen bis dahin vorliegenden Bestimmun 
gen als wahrscheinlichsten Wert der Hori 
zontalparallare der Sonne 8,848" abgelei 
tet, und dieser Wert in der gekürzten Form 
8,85" sowie der in Frankreich übliche 8,86" 
sind gegenwärtig am häufigsten im Ge 
brauch. Dem Newcombschen Wert ent 
spricht eine Entfernung der Sonne von 
23311,7 Erdhalbmessern oder 148,670,000 
km oder 20,036,000 geogr. Meilen. 
Eine Entscheidung über den wahren 
Wert dieser wichtigen Größe erwartete 
man aber von den Beobachtungen der bei 
den Venusdurchgänge 9. Dez. 1874 und 
6. Dez. 1882, weshalb man zu ihrer Be 
obachtung schon zeitig Anstalten traf. 
Der Vorübergang von 1874 war voll 
ständig sichtbar in Australien, Neuseeland, 
Neuguinea, auf den ostindischen Inseln, 
in Vorder- und Hinterindien, China, Ost 
sibirien und Japan; weiter östlich, imStil- 
len Ozean, war nur der Eintritt, weiter 
westlich, im großen Teil Afrikas, dem öst 
lichen Europa und westlichen Asien, nur 
der Austritt sichtbar. Die Dauer des 
Vorübergangs betrug auf den Kerguelen 
im südlichen Indischen Ozean (49° südl. 
Br. und 70° L. v. Gr.) 4 Stund. 27 Min., 
in Nertschinsk 4 Stund. 51 Min. 
Zur Beobachtung sandte Großbritan 
nien fünf amtliche Expeditionen aus: nach 
den Sandwichinseln, nach Rodriguez, Neu 
seeland, den Kerguelen und Ägypten; dazu 
kam noch die Expedition des Lords Lind- 
say nach Mauritius. Ferner beobachtete 
Tennant im Auftrag der indischen Re 
gierung in Roorkee, und auch auf den 
Sternwarten von Madras, am Kap, in 
Melbourne und Sydney wurden Beob 
achtungen angestellt. 
Frankreich besetzte sechs Stationen, drei 
auf der südlichen Halbkugel: die Eampbcll- 
insel im südlichen Großen Ozean (52° 
südl. Br. und 169° östl. L. v. Gr.), St.
	        
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