Full text: Lexikon der Astronomie

Refraktion. 
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er muß jeden beobachteten Höhenwinkel 
um den Betrag der R. (den Winkel GEF 
der Figur) vermindern, um den wahren 
Wert des Höhenwinkels zu erhalten. 
Die Figur versinnlicht uns nur das 
Wesentliche des Vorgangs bei der atmo 
sphärischen R. In Wahrheit existieren 
nicht eine bestimmte Anzahl von Luft 
schichten gleicher Dichte, sondern es finden 
allmähliche Übergänge von einer Dichte 
zur andern statt. Die Bahn deS Lichts 
ist daher nicht eine gebrochene Linie, son 
dern eine stetig gekrümmte. Auch ist es 
nicht streng richtig, daß in gleichen Ab 
ständen vom Erdmittelpunkt die Dichte 
gleichgroß ist. Infolge davon bleibt auch 
der Lichtstrahl nicht genau in derselben 
Ebene; doch ist die Abweichung in diesem 
Sinn, die sogen. Lateralrefraktion 
(s. d.), im Vergleich mit der R. in verti 
kaler Richtung nur unbedeutend. Wir 
haben es daher im folgenden nur mit der 
letztern, der sogen, a st r o n o m i s ch e n 
Strahlenbrechung, zu thun. 
Die astronomische Strahlenbrechung 
war bereits im Altertum bekannt. Schon 
Kleomedes, der wahrscheinlich um die 
Zeit des Kaisers Augustus lebte, sprach 
die Vermutung aus, daß bei den sogen, 
horizontalen Mondfinsternissen, wo der 
verfinsterte Mond und die Sonne gleich 
zeitig überm Horizont stehen, der Strahl, 
welcher vom Auge ausgeht, indem er eine 
feuchte, nebelige Luftschicht durchschneidet, 
sich krümmt und uns so die Sonne über 
dem Horizont erscheinen läßt, während sie 
in Wahrheit unterhalb desselben steht. Das 
Phänomen würde dann, so bemerkt Kleo 
medes weiter, dasselbe sein, als wenn 
man einen auf dem Boden eines Gefäßes 
liegenden Ring, den man über dem Rand 
nicht mehr sehen kann, dadurch sichtbar 
macht, daß man Wasser in das Gefäß 
gießt. Statt »des Strahls, der vom Auge 
ausgeht«, würden wir sagen: »der von 
der Sonne ausgehende Strahl« ; die Al 
ten dachten sich aber das Sehen vermittelt 
durch Strahlen, die wie Fühler vom Auge 
nach den Gegenständen hin ausgestreckt 
werden. 
Anderthalbhundert Jahre später machte 
Ptolemäos darauf aufmerksam, daß 
die Strahlenbrechung vom Zenith aus, 
wo sie wegen des senkrechten Auftrefsens 
der Lichtstrahlen Null ist, nach dem Hori 
zont zu mehr und mehr wächst, und be 
legte dies damit, daß sich die Poldistanz 
eines Sterns merklich kleiner ergebe beim 
Auf- oder Untergang als bei der Kulmi 
nation. Der arabische Gelehrte Alhazen 
schlug vor, durch derartige Beobachtungen 
die Größe der R. zu messen. Nach ihm 
wird dieselbe mehrere Jahrhunderte lang 
kaum erwähnt, und erst der Nürnberger 
Patrizier Walther machte wieder darauf 
aufmerksam, »daß die Sterne bereits durch 
die gebrochenen Strahlen über dem Hori 
zont gesehen werden, wenn sie in Wirk 
lichkeit noch unter demselben sind«. Der 
Landgraf Wilhelm IV. von Hessen und 
sein Mathematiker Rothmann bestätig 
ten dies durch ihre Beobachtungen; sie 
suchten aber ebenso wie Walther durch 
künstliche Einrichtung der Beobachtungen 
den Einfluß der R. möglichst zu beschränken 
Der erste, welcher die Größe der R. 
wirklich bestimmte, war Tycho Brahe. 
Er beobachtete die Höhe der Sonne bei 
ihrer Kulmination, berechnete daraus die 
Höhen für die verschiedenen Stunden 
winkel und verglich damit die thatsächlich 
beobachteten Höhen. Auf Grund dieser 
Beobachtungen stellte er dann eine Tafel 
auf, wonach bei der Sonne die R. am 
Horizont 34' 0", in 45° Höhe aber nur 
noch 5" betragen sollte; für die Fixsterne 
sollten wieder andre Werte gelten. Brahe 
nahni dabei an, daß die Größe der R. von 
der Helligkeit und von der Entfernung 
des Himmelskörpers abhängt. Diese An 
sichten wurden von Kepler verworfen, 
dem zufolge Sonne, Mond, Planeten und 
Fixsterne dieselbe R. haben müssen. Er 
selbst gab eine Refraktionstafel, die trotz 
falscher theoretischer Voraussetzungen in 
folge der Kompensation der Fehler bis zu 
einer Zenithdistanz von 70° eine merk 
würdige Übereinstimmung mit den neuern 
Tafeln zeigt. 
Auf Kepler folgte Dom. Cassini, der 
mit Benutzung des inzwischen entdeckten 
Brechungsgesetzes eine Refraktionstafel 
entwarf. Sein Zeitgenosse Picard machte 
die Bemerkung, daß die R. auch von Tem
	        
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