Full text: Lexikon der Astronomie

430 Refraktion. 
peratur und Luftdruck abhängt, daher 
neben den astronomischen auch Thermo 
meter- und Barometerbeobachtungen an 
zustellen seien. 
Seitdem haben sich viele der hervor 
ragendsten Mathematiker und Astronomen 
mit der astronomischen Strahlenbrechung 
beschäftigt, soNewton,Bradley, Lam 
bert, Laplace, Bessel, Jvory u. a. 
Auf deren Theorien hier einzugehen, würde 
zu weit führen, und es mag "daher genü 
gen, darauf hinzuweisen, daß diese Theo 
rien sich hauptsächlich durch die Verschie 
denheit der Hypothesen bezüglich der Ab 
nahme der Dichte und Temperatur in der 
Atmosphäre mit wachsender Höhe unter 
scheiden. Indessen ist es für Zenithdistan 
zen zwischen 0° und 80° ziemlich gleich 
gültig, welche Hypothese man zu Grunde 
iegt, und die einfache Annahme Cassinis, 
daß die Luft gleichförmig dicht sei, daß 
also nur eine einmalige Brechung an der 
Grenze der Atmosphäre stattfinde, liefert 
Werte, die innerhalb der erwähnten Gren 
zen gut mit den Beobachtungen überein 
stimmen. Für größere Zenithdistanren 
aber, also für Höhen von 0 —10° füh 
ren die verschiedenen Hypothesen auf we 
sentlich verschiedene Werte. In so niedri 
gen Höhen beobachtet aber der Astronom 
nur selten ein Gestirn; dieselben kommen 
daher hauptsächlich nur bei terrestrischen 
Beobachtungen, wie Höhenmessungen, in 
Betracht. Jedenfalls smd aber hierbei auch 
lokale Verhältnisse, die Bodenbeschafsenheit 
und die dadurch bedingte Wärmestrahlung, 
von wesentlichem Einfluß. 
Nachstehend geben wir einen Auszug 
aus der von Bessel in seinem berühmten 
Werk »lüinäamenta Astronomiae« 
(1818) veröffentlichten Refraktionstafel. 
Darin ist r die wahre R. für die Zenith 
distanz z, den Barometerstand d (Millime 
ter) u. die Temperatur t (GradeCelsius); 
der Faktor n ist die sogen, mittlere N. 
Die R. ist von der beobachteten Höhe z 
abzuziehen. Wie schon erwähnt und auch 
aus dieser Tabelle ersichtlich, ist sie am be 
deutendsten am Horizont; sie bewirkt hier, 
daß Sonne, Mond und Sterne uns am 
Osthimmel sichtbar werden, wenn sie in 
Wahrheit noch unter dem Horizont stehen, 
r — « (1-ß-y). 
Z 
a 
z 
« 
0° 0' 
0' 0,o" 
81° 0' 
5 
49,3" 
5 
5.1 
30 
6 
8,4 
10 
10,2 
82 
0 
29,6 
15 
15,5 
30 
53,3 
20 
21,0 
83 
0 
7 
19,7 
25 
26,9 
30 
49,5 
30 
33,3 
84 
0 
8 
23,3 
35 
40,4 
30 
9 
1,9 
40 G 
48,4 
85 
0 
46,5 
45 
57,7 
30 
10 
39,8 
50 
1 8,7 
86 
0 
11 
38,9 
55 
22,3 
30 
12 
48,3 
60 
39,7 
87 
0 
14 
14,6 
65 
2 3,2 
30 
16 
0,9 
70 
37,3 
88 
0 
18 
8,6 
75 
3 32,l 
30 
20 
50,9 
76 
47,4 
89 
0 
24 
24,6 
77 
4 4,g 
10 
25 
49,8 
78 
25,0 
20 
27 
22,5 
79 0 
48,5 
30 
29 
3,5 
30 
5 1,7 
40 
30 
52,3 
80 0 
16,2 
50 
33 
49,2 
30 
32,0 
90 
0 
34 
54,1 
b mm 
1* 
t° 6 
r 
695 
0,075 
— 
15 
— 
0,094 
700 
0,069 
— 
10 
— 
705 
0,062 
5 
710 
0,055 
0 
0,034 
715 
0,049 
5 
0,015 
720 
0,042 
10 
+ 
0,002 
725 
0,035 
15 
+ 
0,020 
730 
0,029 
20 
+ 
0,036 
735 
0,022 
25 
+ 
0,052 
740 
0,015 
30 
+ 
0,068 
und ebenso wird am Westhimmel der Un 
tergang durch die R. verzögert. In po 
laren Gegenden bewirkt die R. am Hori 
zont, die sogen. Hör izontal res r aktiv n, 
eine Verlängerung der Dauer des immer 
währenden Tags, die infolge der niedern 
Temperatur dieser Regionen ziemlich be 
trächtlich ist. Für niedere Temperatur 
grade ist nämlich / negativ, daher die R. 
zu vergrößern. 
Endlich bewirkt aber die horizontale R. 
auch eine Gestalweränderung von Sonne 
und Mond am Horizont, indem sie den 
vertikalen Durchmesser um ungefähr sechs 
Bogenminuten verkürzt, während der ho 
rizontale ungeändert bleibt. Da nämlich
	        
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