Full text: Lexikon der Astronomie

Selenographie. 443 
nitatis oder Meer der Heiterkeit, Oceanus 
procellarum oder Ozean der Stürme u. a. 
Andre Bezeichnungen wandte ein Zeit 
genosse Hevels, der Jesuit v o n L a n g r e n, 
in seiner »S.« an, deren Anfang 1645 
in Brüssel erschien. In diesem nicht voll 
endeten Werk bedeckte er die Mondober 
fläche mit Heiligennamen. Diese Bezeich 
nungen kamen aber nicht in Aufnahme, 
und als 1651 der Jesuit Riccioli seinen 
»Neuen Almagest« herausgab und in den 
selben eine von seinem Freund Gri 
ma! di gezeichnete Mondkarte aufnahm, 
bediente er sich nicht der Langrenschen Be 
zeichnungsweise, sondern er gab, der ersten 
Idee Hevels entsprechend, den Mondbergen 
und Flecken die Namen hervorragender ge 
lehrter Männer; so trat Galilei an die 
Stelle der heil. Genoveva, Platon ersetzte 
den heil. Athanasius rc., sich selbst und Gri- 
maldi eignete Riccioli ein Paar schone 
Ringgebirge am östlichen Mondrand zu, 
und nur die heil. Katharina ließ er in ihrem 
Besitz, wie eö heißt aus Anhänglichkeit an 
eine Frau dieses Namenö. Die Ricciolische 
Bezeichnungsweise ist nun auch dauernd 
geblieben, und von der Hevelschen haben 
wir nur noch einige Höheuzüge sowie die 
Meere, die wir aber heute, nachdem man 
das Irrige dieser Benennung erkannt hat, 
gewöhnlich mit dem Namen Mare belegt. 
Auch Domenico Cassini wandte dem 
Mond seine Aufmerksamkeit zu und ließ 
seit 1673 durch einen geschickten Zeichner, 
Patigny, mit Benutzung eines 34füßi- 
gen Fernrohrs die verschiedenen Mond 
phasen von Tag zu Tag zeichnen, um nach 
her eine große Vollmondkarte herzustellen, 
von der aber 1692 nur wenige Exemplare 
abgezogen wurden. Sein Urenkel verössent- 
lichte 1787 eine kleine Reduktion dieser 
Karte. 
Im vorigen Jahrhundert hat besonders 
Tobias Mayer sich um die S. verdient 
gemacht. Als er im Alter von 16 Jahren 
die Momente des Ein- und Austritts der 
einzelnen Flecke bei einer Mondfinsternis 
berechnen wollte, erkannte er, daß die 
Lage derselben gar nicht mit hinlänglicher 
Genauigkeit festgestellt war. Es kann dies 
auch nicht wunder nehmen, da alle bis 
dahin veröffentlichten Zeichnungen des 
Mondes nur nach dem Augenmaß gefer 
tigt waren. Mayer war der erste, der die 
Koordinaten der einzelnen Objekte auf der 
Mondscheibe durch wirkliche Messungen 
feststellte, und insbesondere bestimmte er 
von 27 Flecken die selenographische Länge 
und Breite für mittlere Libration. Von 
der Arbeit, die er auf Grund seiner Mes 
sungen ausführen wollte, einer Mond 
kugel in 24 Sektionen nach der bei künst 
lichen Erdgloben üblichen Anordnung, 
waren aber bei seinem frühen Tod 1762 
nur 4 Sektionen vollendet und einige an 
gefangen. Eine Generalkarte des Mondes, 
die er auf Grundseiner Aufnahmen zusam 
menstellte, ist leider in zu kleinem Maß 
stab (nur 6 Zoll im Durchmesser) gezeichnet. 
Nach Tobias Mayer hat sich der Amt 
mann Schröter in Lilienthal bei Bremen 
mit der Beschaffenheit der Mondoberfläche 
beschäftigt. Er war der erste, der mit Hilfe 
kraftvoller Spiegelteleskope von 4 und 7 
Fuß, zuletzt von 13 und sogar 27 Fuß 
Brennweite die Oberflächenbeschafsenheit 
des Mondes in ihren Einzelheiten un 
tersuchte. In seinem zweibändigen Werk 
»Selenotopographische Fragmente«, das 
1799 und 1801 erschien, stellte er sich die 
Aufgabe, einzelne Mondlandschaften in 
solcher Ausführlichkeit und Treue darzu 
stellen, daß spätere Beobachter mit Hilfe 
seiner Zeichnungen etwaige Veränderun 
gen auf der Mondoberfläche zu konstatieren 
vermöchten. Schröters Leistungen, die von 
den Zeitgenossen anfangs überschätzt wur 
den , sind später infolge von Mädlers ab 
fälliger Kritik in unverdiente Mißachtung 
geraten. Aber wenn auch seine Spiegel 
teleskope, ebenso wie die Herschelschen, viele 
Einzelheiten auf der nur matt leuchtenden 
Mondoberfläche nicht zeigten, so bleibt ihm 
doch der Ruhm, zuerst eine detaillierte Dar 
stellung des Mondes versucht zu haben. 
Ungefähr auf derselben Stufe wie die 
Schröterschen stehen die Beobachtungen 
vonGruithuisen in München, die aller 
dings nicht verarbeitet und bis auf die 
neueste Zeit nur zum geringsten Teil be 
kannt geworden sind. 
Im Jahr 1820 begann Lohrmann in 
Dresden sorgfältige Aufnahmen des Mon 
des. auf Grund deren er eine Darstellung
	        
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