Full text: Lexikon der Astronomie

458 Sonne (Wilsons Theorie). 
Sonnenäquators aefunden. Nach Car- 
rington beträgt die Notationszeit 25,38 
Tage — 25 Tage 9 Stund. 7 Min., die 
Neigung des Äquators 7° 15' und die 
Länge seines aufsteigendenKnotens 73°40'. 
Bei der Bewegung der Sonnenflecke 
vom östlichen zum westlichen Rand be 
merkt man an vielen größern Flecken noch 
eine gewisse regelmäßige Gestaltverände 
rung, welchefrühzeitig auf eine Erklärung 
der Flecke und eine Ansicht über die Kon 
stitution der S. geführt hat, die bis in die 
Mitte des laufenden Jahrhunderts all 
gemein als richtig betrachtet wurde. In 
der ersten Zeit nach Entdeckung der Son 
nenflecke hielt man dieselben vielfach für 
schlackenartige Massen, die auf der feurig 
flüssigen wallenden Sonnenoberfläche 
schwimmen; es ist diese Hypothese schon 
1627 von Raphael A ver sa aufgestellt 
und später namentlich von Lahire ver 
teidigt worden, eine ähnliche Vorstellung 
machte sich auch Sch ein er. Derselbe be 
richtet in seiner »Rosa Ursina« auch, daß 
einzelne der Ansicht seien, die Sonnen 
flecke wären dunkle Berge, welche aus 
dem Feuermeer, womit sie sich die S. um 
geben dachten, hervorragen. Diese Mei 
nung verfocht später Fönten elle, und 
Lalande bildete sie weiter aus, indem er 
annahm, der dunkle, unebene Sonnen 
körper sei mit einem leuchtenden, der 
Ebbe und Flut unterworfenem Meer um 
geben; bei der Ebbe würden einzelne 
dunkle Gipfel entblößt, die wir dann als 
dunkle Flecke sehen, und da das durch 
scheinende Lichtmeer uns gestattet, in 
einige Tiefe zu blicken, so erscheinen uns 
die dunkeln Kerne mit grauen Höfen um 
geben. Da, wo das Meer zur Ebbezeit auf 
weite Erstreckung sehr seicht ist, erscheinen 
uns Höfe ohne' Kern. Die Idee eines 
dunkeln, mit einer Lichthülle umgebenen 
Sonnenkörpers, die übrigens schon um 
die Mitte des 15. Jahrh, von dem Kardi 
nal Nikolaus von Eusa (Khrypffs, 
d. h. Krebs, aus Eues an der Mosel) aus 
gesprochen worden ist, führte auch auf eine 
Deutung der gleich zu besprechenden Er 
scheinung. 
Im November 1769 beobachtete nämlich 
Wilson in Glasgow einen großen Son- 
nenfleck, auf den ihn ein Londoner Freund 
aufmerksam gemacht hatte. Derselbe stand 
dem westlichen Rand schon ziemlich nahe, 
der Hof, welcher ihn umgab, war aber nach 
allen Seiten ungefähr gleichbreit. Am 
folgenden Tag indessen war der Hof auf 
der nach der Mitte der S. zu gelegenen 
Seite bedeutend schmäler geworden, und 
am folgendem Tag, als der Fleck dicht 
am Rand stand, war der Hof auf der 
innern Seite ganz verschwunden. Dies 
führte Wilson auf den Gedanken, daß die 
Sonnenflecke durch trichterförmige, nach 
unten enger werdende Öffnungen in der 
Lichthülle des dunkeln Sonnenkörpers zu 
erklären: der Kernfleck ist die Oberfläche 
der S. selbst, der Hof wird durch die 
Seitenwände der Öffnung gebildet. War 
diese Theorie richtig, so mußte beim Wie 
dererscheinen des Flecks am Ostrand die 
östliche Seite des Hofs die breitere sein. 
Da sich diese Vermutung bestätigte und 
Wilson in der Folge bei vielen Flecken 
dieselbe Erscheinung beobachtete, so trat 
er 1774 mit seiner Theorie an die Öffent 
lichkeit. Dieselbe wurde in der Folg. von 
Bode, Schröter und namentlich W. 
Herschel weiter ausgebildet. Nach der 
Hypothese, die der letztere 1801 der Lon- 
ooner Gesellschaft der Wissenschaften vor 
legte, ist die S. eine dunkle Kugel, um 
geben von einerdurchsichtigen Atmosphäre. 
In letzteier schweben zwei die S. rings 
umgebende Schichten, die obere, die Photo 
sphäre, aus leuchtenden, die untere aus dun 
keln, nur im reflektierten Lichte der obern 
leuchtenden Wolken bestehend. Die un 
tern Wolken, welche Herschel wegen ihrer 
Ähnlichkeit mit den irdischen »planeta 
rische« nennt, sollen den dunkeln Sonnen 
körper vor der Strahlung der obern Schicht 
schützen. Entsteht eine durch beide Wol 
kendecken hindurchgehende, nach unten 
enger werdende Öffnung, so sehen wir 
einen Kernfleck mit Hof; ist aber die Öff 
nung unten weiter als oben, so daß wir 
ihre aus Wolken der untern Schicht be 
stehenden Seitenwände nicht sehen können, 
so haben wir einen dunkeln Fleck ohne Hof 
vor uns; beschränkt sich endlich die Öffnung 
auf die obere Schicht, so erblicken wir eine 
Penumbra ohne Kern.
	        
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