Full text: Lexikon der Astronomie

40 Astronomie (Griechen). 
Vorausverkündigung einer Sonnenfin 
sternis, 28. Mai 585 v. Chr., durch den 
ionischen Philosophen Thales, erfolgte 
wahrscheinlich mittels des chaldäischen 
Saros. Aber noch zu S o k r a t e s' Zeiten 
bot die A. so wenig sichere Erkenntnis, daß 
dieser Weise von der Beschäftigung mit 
ihr nicht ohne scheinbare Berechtigung ab 
mahnen konnte. Inzwischen hatte außer 
halb des eigentlichen Griechenland in 
Unteritalien (Großgriechenland) Pytha 
goras richtigern kosmischen Ansichten 
den Weg gebahnt. Während der allge 
meine Volksglaube die Erde für eine vom 
Ozean umflossene Scheibe hielt, erkannten 
die Pythagoreer schon früh (wahrscheinlich 
im 6. Jahrh.) die Kugelgestalt der Erde, 
und selbst die Lehre von der Bewegung der 
Erde und der Planeten (freilich nicht um die 
Sonne, sondern mit dieser, dem Mond 
und der hypothetischen Gegenerde um das 
angenommene Zentralfeuer) wurde in der 
Schule des Pythagoras verbreitet. Durch 
Platon und Aristoteles wurden diese 
Lehren zu allgemeinerer Kenntnis gebracht, 
-und manches davon, wie die Lehre von 
der Kugelgestalt der Erde, ist schon im 
klassischen Altertum zum Gemeingut we 
nigstens der wissenschaftlich Gebildeten 
geworden. Weniger Anklang fand die Lehre 
von der Bewegung der Erde, die erst in 
dem später lebenden Aristarch wieder 
einen Vertreter fand. Im ganzen aber 
behielt die A. bis in dieZeit der Renaissance 
einen geozentrischen Charakter: die Erde 
wurde als Mittelpunkt des Weltalls be 
trachtet, und auf Grund dieser Annahme 
suchten die astronomischen Theoretiker die 
Bewegungen des Fixsternhimmels, der 
Sonne und des Mondes sowie die verwickel 
ten Bahnen der Planeten Merkur, Venus, 
Mars, Jupiter und Saturn zu erklären, 
wobei sie noch an dem Prinzip festhielten, 
daß jede wirkliche Bewegung in einem 
Kreis und mit beständig gleichbleibender 
Geschwindigkeit von statten gehen müsse. 
Auf diesen Fundamenten begründete Pla 
tons Schüler E u d o r o s seine scharfsinnige 
Theorie der homocyklischen Sphären, die 
als ein geometrisches Meisterwerk bewun 
dert werden muß und erst in viel späterer 
Zeit durch des PtolemäoS ebenso sinn 
reicheLehre von derepicyklischen Bewegung 
verdrängt wurde. 
Die Blüte der antiken A. beginnt aber 
erst nach dem Untergang der hellenischen 
Freiheit. In dem von Alexander d. Gr. 
erbauten Aleràndreia gründeten und 
unterhielten die Herrscher des Landes, die 
Ptolemäer, die berühmte Akademie, welche 
gegen acht Jahrhunderte lang, ungefähr 
von 300 v. Chr. bis zum Untergang der 
antiken Kultur, der Hauptsitz der Wissen 
schaft blieb. An ihr wirkten die praktischen 
Astronomen A r i st y l l und Timoch aris, 
die ersten, von dcneir wirkliche Messungen 
von Sternkoordinaten berichtet werden, 
der schon erwähnte Ari star ch und Era- 
tostheneS, dem wir die erste Gradmes 
sung verdanken. Auch der größte prakti 
sche Astronom deS Altertums, der Bithynier 
Hipparch, stand in Beziehung zu Aleran- 
dreia. Ihm verdanken wir unter andcrm 
den ältesten umfassendern Sternkatalog, 
zu dessen Abfassung er durch das uner 
wartete Erscheinen eines hellen Sterns 
134 v. Chr. veranlaßt wurde; ferner ent 
deckte er die Präzession und erklärte die 
Ungleichförmigkeit der Sonnenbewegung 
durch die Annahme einer exzentrischen 
Kreisbahn. Über die atmosphärische Re 
fraktion äußerte schonK l e o m e d e s, wahr 
scheinlich ein Zeitgenosse des Augustus, 
richtige Ansichten; den genauern Nachweis 
derselben verdanken wir aber Pt ole - 
mäos, der uns in seinem »Almagest« ein 
Bild der gesamten astronomischen Kennt 
nisse des Altertums überliefert hat. Nach 
Ptolemäos, der im 2. Jahrh, unsrer Zeit 
rechnung lebte, sind mir noch der jüngere 
Theon, der die Sonnenfinsternis von 
365 beobachtete, und seine gelehrte Tochter 
Hypatia, welche 415 dem Fanatismus 
des Patriarchen Cyrillus zumOpfer siel,als 
Astronomen der alexandrinischen Schule 
zu nennen. Die letzten Reste der einst 
mals glänzenden Akademie verschwanden, 
als 641 Alerandreia in die Hände des mo 
hammedanischen Heerführers Amru siel. 
Die nächsten Träger der astronomi 
schen Wissenschaft sind die Araber. Als 
dieselben ihre Eroberungszüge beendet 
und weite Reiche gegründet hatten, wur 
den das vom Kalifen Almansor 764 ge
	        
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