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Sternkarten (orthographische und Gaußsche Projektion).
Weise ergeben, und die Meridiane bilden
auf der Karte Radien, die sich unter den
selben Winkeln schneiden wie auf der
Kugelsin derFigurunter 30°). Die Figur
gibt die Parallelkreise von 23'/2°, 30°, 60°
und 66Vr° Breite an; die Darstellung des
Äauators erscheint unmöglich, da der Halb
messer unendlich groß werden würde. Die
ser Umstand sowie die starke Vergröße
rung nach dem Rande der Karte zu bil
den die Schattenseiten der gnomonischen
Projektion. Dazu kommt nun die weni
ger einfache Konstruktion der Kurven,
welche die Parallelkreise repräsentieren,
falls die Bildebene die Kugel in einem
andern Punkt als dem Pol berührt.
Dessenungeachtet ist diese Darstellungs
form schon seit langer Zeit zu Himmels
karten benutzt worden, am frühsten, wie
es scheint, von dem Jesuiten Grien-
berger in seiner 1662 erschienenen »Pro-
spectiva coelestis«. Bald nachher stellte
der Jesuit Paradies in seinem 1774 ver
öffentlichten »Eiobus coelestis« die ganze
Himmelskugel auf diese Art auf den sechs
Ebenen eines umschriebenen Würfels dar.
3) Die orthographische P r 0 j e k-
tion ist ein andrer Spezialfall der per
spektivischen Darstellung. Bei ihr ist das
Auge 0 in unendlicher Ferne zu denken;
die von ihm nach den einzelnen Punkten
der Kregel gezogenen Linien sind parallel
und stehen rechtwinkelig auf der Bildebene.
Nimmt man als Bildebene die Ebene
des Äquators, so erhält man die ortho
graphische Polar
projektion: die Pa
rallelkreise erscheinen
in ihrer wahren Größe,
die Meridiane als ge
rade Linien, wie der
untere Teil an Fig. 3
zeigt.
Wird aber die Ebene
eineö Meridians als
Bildebene genommen,
so ergibt sich eine Me
ridianprojektion, wie in der Fig. 3.
Die Parallelkreise sind gerade Linien, die
Meridiane Ellipsen.
Der Hauptübelstand dieser übrigens sehr
einfachen Projeltiou liegt in der starken
Fig. 3.
Orthogonale
Meridianprojek
Verkürzung der Randpartien. Doch eignet
sich die orthographische Meridianprojektion
zu Mondkarten, weil der Mond uns that
sächlich in der bei dieser Projektion voraus
gesetzten Weise erscheint.
4) Die Gaußsche Projektion. Die
stereographische Projektion hat, wie er
wähnt, die Eigenschaft, daß zwei Linien
auf der Karte sich unter demselben Win
kel schneiden wie die ihnen entsprechenden
Linien auf der Kugel. Wenit man daher
auf der Kugel ein sehr kleines Dreieck hat,
so wird dessen Abbildung ein sehr kleines
Dreieck mit denselben Winkeln, also ein
ähnliches Dreieck sein. Man sagt deshalb,
es sei die Abbildung dem Original ähn
lich in den kleinsten Teilchen. Vergleicht
tnan ferner eine kleine vom Punkt P aus
gehende Strecke auf der Kugel mit der ent
sprechenden Strecke auf der Karte, so gibt
uns das Verhältnis beider die Vergröße
rung oder Verkleinerung. Dieses Verhält
nis ist nun für alle von einem Punkt
ausgehenden Richtungen gleichgroß bei der
stereographischen Projektion, sein Wert än
dert sich hier nur mit dem Abstand des be-
treffendenPunktes vom Berührungspunkt.
Bei andern Arten der Darstellung, z. B.
bei der gnomonischen, ändert sich dagegen
dieses Verhältnis mit der Richtung der
Strecke; für eine gewisse von dem Punkt
ausgehende Richtung (und die entgegen
gesetzte) hat dasselbe seinen größten, für
die dazu senkrechte Richtung seinen klein
sten Wert.
Die hier angeführten Eigenschaften
(Gleichheit der Winkel, Ähnlichkeit in den
kleinsten Teilchen, Unabhängigkeit der Ver
größerung von der Richtung) sind aber
nicht der stereographischen Projektion allein
eigentümlich, sondern sie sind ihr mit einer
ganzen Gruppe von Darstellungsarten ge
meinsam, welche mau als konforme
Darstellungen bezeichnet. Eine allgemeine
Theorie dieser Darstellungen hat Gauß
in der Abhandlung gegeben: »Allgemeine
Auflösung der Aufgabe: die Teile einer
gegebenen Fläche auf einer andern gegebe
nen Fläche so abzubilden, daß die Abbil
dung dem Abgebildeten in den kleinsten
Teilchen ähnlich wird« (1825). In dieser
Arbeit gedenkt Gauß auch einer einfachen