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Veränderliche Sterne.
(■Seiten Ende des 17. Jahrh, wurde noch
bei drei andern Sternen die Veränderlich
keit entdeckt, nämlich bei Algol oder ß im
Perseus und dem Stern R im Sternbild
der Wasserschlange durch Montanari
1670 sowie bei dem Stern / int Schwan
von Kirch 1687. Im vorigen Jahrhun
dert ist die Kenntnis der veränderlichen
Sterne nur wenig gefördert worden, da
gegenhaben in diesem JahrhundertArge-
lander, Jul. Schntidt, Schönfeld,
Winnecke u.a. umfängliche systematische
Beobachtungen über diese Sterne angestellt,
und infolge davon kennen wir jetzt mehr
als anderthalbhundert v. S. Insbeson
dere ist die Thätigkeit Argelanders auf die
sem Gebiet bahnbrechend gewesen ; er hat
die genauesten Methoden zur Ermittelung
der Epoche des größten und des kleinsten
Lichts (des Maximums und Minimums),
der Periode (Zeitdauer von einem Mari-
mltm bis zum folgenden), der Quanti
tät und des Gesetzes der Licht'änderimg
angegeben. Von ihm rührt auch die jetzt
übtilche Bezeichnung der veränderlichen
Sterne durch die vor den Namen des
Sternbilds zu setzenden Buchstaben R, 8,
T je. her.
Die Ermittelung der Helligkeitsände-
rnngen erfolgt durch Schätzung wie die
der gewöhnlichen Größenklassen, und als
Einheit oder »Stufe« nimmt Argelander
einen Helligkeitsunterschied an, der un
gefähr Vio des mittlern Helligkeitsunter
schieds zwischen zwei aufeinander folgenden
Größenklassen ist. Man vergleicht nun
den ztl prüfenden Stern mit einem andern
von ungefähr gleicher bekannter Hellig
keit. Erscheinen zwei Sterne immer gleich
hell, oder möchte man bald dem einen, bald
dem andern die größere Helligkeit beilegen,
so sind sie nach Argelander als gleichhell'
zu bezeichnen; derselbe schreibt dann ihre
Zeichen unmittelbar nebeneinander. Wur
den also die Sterne a und b verglichen,
so schreibt er ad oder b a. Erscheinen aber
auf den ersten Blick beide Sterne gleich
hell, erkennt man aber bei aufmerksamer
Beobachtung und wiederholtem Übergang
von a zu b und von b zu a, daß a ent
weder immer oder doch nur mit seltenen
Ausnahmen heller erscheint als b, so ist a
um eine Stufe heller als b, was durch
al b ausgedrückt wird, wo also der hellere
Stern zuerst steht. Erscheint der eine
Stern stets und unzweifelhaft heller als
der andre, so wird dieser Unterschied für
zwei Stufen angenommen, und man
schreibt a2b, wenn a der hellere ist. Eine
auf den ersten Blick ins Auge fallende Ver
schiedenheit gilt für drei und, wenn sie be
deutender ist, für vier Stufen. Größere
Unterschiede konnte Argelander nicht mit
Sicherheit mehr schätzen, und es erscheint
überhaupt nicht ratsam, mehr Helligkeits
stufen zu schätzen. Will man daher einen
Veränderlichen während der ganzen Dauer
seines Lichtwechsels verfolgen, so muß man
eine größere Zahl von Vergleichösternen
auswählen, deren Helligkeitsunterschiede
bereits bekannt sind, und man wird gut
thun, den Veränderlichen immer mit den
zwei Sternen zu vergleichen, zwischen
denen er bezüglich seiner Helligkeit jeweilig
steht, mit dem Hellern sowohl als mit dem
schwächern.
In der Tabelle (S. 538) sind die mit
bloßem Auge in mittlern Breiten sichtba
ren veränderlichen Sterne, die Helligkeits
größe im Marimunt und im Minimum
und die Periode des Lichtwechsels ange
geben.
In der Größe des Lichtwechselö, in dem
Gesetz, nach welchem derselbe vor sich geht,
wie auch in der Länge seiner Periode findet
man bei den hierher gehörigen Sternen
die größten Verschiedenheiten. Bei man-
chen umfaßt der Lichtwechsel nur wenige
Stufen(« Kassiopeia, « und 4 Orion u. a.),
bei andern geht er durch sechs oder sieben
Größenklassen und noch darüber (o Wal
fisch, R Andromeda) ; bei manchen erfolgt
er in Zeit von wenig Tagen (4 Wage,
Algol), und noch andre haben eine Periode
von mehreren Jahren. Es ist dabei be
merkenswert, daß unter den Veränderlichen
mit kurzer Periode diejenigen mit sehr kur
zer am zahlreichsten sind, während unter
denen mit länger Periode diejenigen mit
sehr langer überwiegen. Man kennt näm
lich 13 Sterne mit einer Periode von
2—20 Tagen, 4 mit 20—100 Tagen, 8
mit 100—200 Tagen, 14 mit 200—300
Tagen, 30 mit mehr als 300 Tagen.