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Veränderliche Sterne.
gelangen sie aber in Regionen, die eine
größere Geschwindigkeit im Sinn der Ro
tation haben als die polaren Gegenden,
in denen sie entstanden sind. Die dem
Äquator sich nähernden Schlackenmassen
können daher nicht in demselben Meri
dian bleiben, sondern werden successiv eine
der Notationsrichtung entgegengesetzte Ab
lenkung erfahren. Die glühend-flüssige
Masse verhält sich dann den allmählich sich
konsolidierenden Schlackenmassen gegen
über wie ein Strom, welcher in entgegen
gesetztem Sinn der Rotation, mit nach
dem Äquator zunehmender Geschwindig
keit die Schlackenmasse zu durchbrechen
versucht. An irgend einer Stelle muß
dann eine Art Stauung der Schlacken
massen eintreten, sodaßdie größte Flächen
ausdehnung der leuchtenden und der nicht
leuchtenden Teile unter irgend einem
Meridian aneinander grenzen. Damit
wäre dann eine Anordnung wie die oben
angedeutete hergestellt.
In etwas andrer Weise als Zöllner
hat neuerdings Professor A. Ritter zu
Aachen in der Schrift »Anwendungen der
mechanischen Wärmetheorie auf kosmische
Probleme« (1879) die Veränderlichkeit
der Fixsterne zu erklären versucht. Er
steht gleichfalls auf dem Boden der Kant-
scheu Nebularhypothese, nur betrachtet er
den Vorgang in dem erkaltenden Gasball,
der uns als Fixstern erscheint, in einem
frühern Stadium als Zöllner. ZwciKräste
sind es dann, die auf die einzelnen Teilchen
wirken: die Gravitation, welche die Teil
chen einander näher zu bringen, und die
Wärme, tvelche sie voneinander zu ent
fernen sucht. Denken wir uns nun, der
Ball ziehe sich unterm Einfluß der erstem
Kraft zusammen, dann müssen die Teil
chen in den obern Schichten sehr große
Räume durchlaufen, ehe sie in ihre Ruhe-
lage kommen, und diese Bewegung, die
als solche verschwindet, wird in Wärme
rimgesetzt, von welcher allerdings ein Teil
durch Ausstrahlung in deir Weltraum
verloren geht. Der sich zusammenziehende
Ball wird daher immer heißer, und schließ
lich ist die Wärme so weit gewachsen, daß
sie der Gravitation das Gleichgewicht zu
halten vermag. Nichtsdestoweniger wird
aber die Zusammenziehung noch eine Zeit
lang infolge des Beharrungsvermögens
fortschreiten, bis endlich die Wärme soweit
das Übergewicht erlangt, daß die Zusam
menziehung in die entgegengesetzte Be
wegung, in eine immer raschere und
raschere Ausdehnung, übergeht. Bei dieser
wird jetzt umgekehrt ein Teil der vorher
aufgespeicherten Wärme in Bewegung
umgesetzt, da die Teilchen sich voneinander
entfernen; der Ball wird daher mehr und
mehr erkalten.
Wenn aber auf diese Weise der Punkt
erreicht ist, wo die Gravitation der Wärme
gerade das Gleichgewicht hält, so wird in
folge des Beharrungsvermögens die Aus
dehnung noch über diesen Punkt hinaus
gehen; sie wird jedoch langsamer und
langsamer werden, und endlich, wenn die
Gravitation hinlänglich inr Übergewicht
ist, wird wieder Zusammenziehung ein
treten. So wird also ein rhythmischer
Wechsel von Zusammenziehung und Aus
dehnung aufeinander folgen, während der
eistern nimmt die Temperatur zu, wäh
rend der letztern ab. Damit ist aber auch
eine Änderung der Lichtentwickelung ver
bunden, bei der Zusammenziehung nimmt
dieselbe zu, bei der Ausdehnung ab, und
der Gasball wird uns daher den Anblick
eines veränderlichen Sterns gewähren.
Die Dauer dieser Pulsationen wird aber
um so größer sein, je größer daö Volumen
und je kleiner die Dichte des Sterns ist.
Ritter berechnet, daß unsre Sonne damals,
als sie noch den ganzen Rauin bis zur
Neptunbahn erfüllte, in Perioden von
340 Jahren veränderlich war, und über
haupt ist nach seiner Theorie das Qua
drat der Periode des Lichtwechsels umge
kehrt proportional der Dichte.
Diese Schwankungen finden nach
Ritters Theorie nur im Jugendalter des
Sterns in beträchtlichem Maße statt;
später, wenn die Masse des Sterns des
selben sich mehr verdichtet hat und seine
Temperatur sehr hoch gestiegen ist, können
die relativ geringen Änderungen nicht
mehr wahrgenommen werden. Dann
treten auch andre Verhältnisse ein, es fin
den Kondensationen der vorher gasförmi
gen Massen statt, und die Theorie ist nun