Full text: Lexikon der Astronomie

Zentralsonne. 
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nung. Zu einem solchen System gehört 
auch unsre Sonne. Dasselbe ist voll 
kugelförmiger Gestalt, hat gegen 150 Si 
riusweiten'Durchmesser und umfaßt un 
gefähr I V2 Mill. Sterne, welche >vir nach 
allen Richtllngen am Himmel zerstreut 
erblicken. Die Sternsysteme zweiter Ord 
nung laufen nun wieder uni einen Zen 
tralkörper und bilden ein System drit 
ter Ordnung. Ein solches und zwar 
dasjenige, dem wir angehören, ist die 
Milchstraße mit den um ihre Ebene herum 
gruppierten Sternen. Sie hat die Form 
einer Scheibe von verhältnismäßig gerin 
ger Dicke und ungefähr 150,000 Sirius 
weiten Durchmesser. Solcher Milchstraß en 
oder Systeme dritter Ordnung gibt es 
aber mehrere, vielleicht ist selbst der Nebel 
des Orion ein solches; sie bilden wieder 
ein System vierter Ordnung rc. Zwischen 
den Zentralkörpern der höhern Systeme 
und unsrer Sonne findet insofern voll 
ständige Analogie statt, als es die Mas 
senanziehung ist, welche hier den Planeten, 
dort den Systemen niederer Ordnung ihre 
Bahn anweist. Während aber unsre 
Sonne zugleich dem Zweck bient, die Pla 
neten zu beleuchten, ist dies in den Sy 
stemen höherer Ordnung anders; denn die 
Fixsterne bedürfen nicht fremden Lichts, 
da sie selbst leuchten. Die Zentralkörper 
der Systeme höherer Ordnung können 
daher dunkle Körper sein, und Lambert 
hält es für möglich, daß der Orionnebel 
ein solcher Zentralkörper ist, und daß 
wir ihn nur sehen, weil er von den zahl 
reichen Fixsternen in seiner Nähe beleuch 
tet wird. 
Argelander hat später bei seinen Un 
tersuchungen über die Eigenbewegung der 
Fixsterne nach dem Vorgang von William 
Herschel den Punkt des Himmels zu be 
stimmen versucht, nach welchem sich unser 
Sonnensystem hinbewegt. Denkt man sich 
diese Bewegung als kreisförmig, so wird 
das Zentrum derselben 90° von dem er 
wähnten Punkt abstehen. Daher kann 
der Sirius dieses Zentrum nicht sein, Ar- 
gelander ist vielmehr geneigt, dasselbe in 
dem Sternbild des Perseus zu suchen; er 
gesteht aber offen, daß es ibm nicht gelun 
gen sei, hierüber etwas Sicheres festzu 
zustellen. P. H. L. v. Boguslawski 
dagegen glaubte, die Z. im Stern Foma- 
hand im Südlichen Fisch zu sehen, ohne 
indessen seine Gründe näher anzugeben. 
Das Problem der Z. und selbst der 
bloße Name sind aber in weitern Kreisen 
bekannt geworden durch die 1846 erschie 
nene gleichnamige Schrift des Astronomen 
Mädler. Indessen hat derselbe nicht der 
Existenz einer Z. im Sinn Kants oder 
Lamberts das Wort reden wollen, d. h. 
eines Zentralkörpers, der durch seine be 
deutende Masse die übrigen Glieder des 
Systems zwingt, sich um rhn zu bewegen. 
Gegen eine solche Auffassung hat er sich 
vielmehr ausdrücklich verwahrt in den 
Worten: »Wir haben keine solche einzeln 
überwiegende Zentralmasse der Fixstern- 
welt zu suchen, denn es ist keine vorhanden«. 
Mädlers Z. ist vielmehr lediglich der (ver 
meintliche) Schwerpunkt deö Fixsternsy- 
stems, dem unsre Sonne angehört, und dem 
Mädler auch die Milchstraße beizählt. Die 
Gestalt dieses Systems denkt er sich als un 
gefähr kugelförmig. Da nun im Innern ei 
ner KugeldieGesamtanziehung immer klei 
ner wird, je tiefer man in das Innere ein 
dringt, weil die Anziehungen der einzel 
nen Glieder der äußern Kugelschale sich 
gegenseitig aufheben, so wird auch die vom 
Schwerpunkt ausgehende Gesamtwirkung 
des Sternsystems immer schwächer wer 
den, je näher man diesem Punkt kommt. 
Während daher in einem Planetensystem 
mit überwiegender Zentralmasse diejeni 
gen Planeten, welche dem Zentrum näher 
stehen, eine stärkere Anziehung erleiden 
und daher in kürzerer Zeit lim das Zen 
trum laufen (nach dem dritten Kepler- 
schen Gesetz), auch eine größere Geschwin 
digkeit in ihrer Bahn haben als die dem 
Zentrum fernern Planeten, ist es anders 
bei den Körpern, die um den Schwerpunkt 
eines kugelförmigen Systems laufen. 
Hier ist (unter Voraussetzung einer gleich 
förmigen Verteilung der Massen durch 
das ganze System) die vom Zentrum 
ausgehende Anziehung direkt proportio 
nal der Entfernung, und infolgedessen ist 
die Umlaufszeit in allen Entfernungen 
gleichgroß, und die Geschwindigkeit in der 
Bahn ist um so kleiner, je näber der Kör- 
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