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Zentrifugalkraft.
per dem Zentrum steht. Man sieht fo die
Möglichkeit ein, durch Vergleichung der
Eigenbewegungen zahlreicher Fixsterne
den fraglichen Schwerpunkt zu ermitteln,
und Mädler bat nun gefunden, daß der
selbe in dem Stern Alkyone in der Mitte
der Plejadengruppe oder in dessen Nähe
liegt. Die Ümlaufszeit der Sonne um
diese Z. läßt sich leicht berechnen, sofern
man die Bahn als kreisförmig annimmt;
es wird nämlich die jährliche Bewegung
der Sonne, von Alkyone gesehen, gleich
sein der jährlichen Eigenbewegung, die
wir bei der Alkyone beobachten. Wird diese
— 0,047" und die gegenwärtige Bewegung
der Sonne der mittlern gleichgesetzt, so
findet man durch Division dieser Zahl in
1,296,000 (Bogensekunden — 360°) die
Umlaufszeit von 27 Va Mill. Jahren;
wird dagegen die mittlere Eigenbewegung
der ganzen Plejadengruppe — 0,058" in
Rechnung gezogen, so ergeben sich 22V»
Mill. Jahre. Diese Zahlen sind natürlich
nur als Annäherungen zu betrachten, denn
die Voraussetzung einer gleichförmigen
Verteilung der Massen durch das Fixstern-
system ist nicht als in aller Strenge er
füllt anzusehen, und ebenso ist das Mäd-
lersche Zentrum nicht völlig masseloS, da
die zahlreichen Sterne der Plejadengruppe
wenn auch nicht eine die übrigen Glieder
des Systems überwiegende, aber doch eine
immerhin ansehnliche Masse bilden.
Die Mädlersche Theorie hat indessen bei
den Astronomen keinen sonderlichen An
klang gefunden, und heutiqestags dürfte
sie überhaupt wenig Anhänger mehr
zählen. Die kleinen Eigenbewegungen,
die Mädler bei den Sternen in der Nähe
derPlejadengruppe nachgewiesen zuhaben
glaubt, kommen gar nicht diesen Sternen
selbst zu, sondern sind einfach eine Folge
der Bewegung des Sonnensystems. Die
Richtung dieser Bewegung ist gegenwärtig
ziemlich sicher festgestellt (vgl. Eigenbewe-
gung); aber erst in Jahrhunderten dürfen
wir hoffen, die Änderungen dieser Rich
tung zu erkennen und damit das Mittel
zur Bestimmung des Zentrums dieser Be
wegung zu erhalten.
Zentrifugalkraft (Fliehkraft) ist
die Kraft, vermöge welcher ein Körper,
der in kreisförmiger Bewegung um einen
festen Mittelpunkt begriffen ist, das Stre
ben hat, sich immer weiter von diesem
Punkt zu entfernen. Nach einem Prin
zip , welches man das Gesetz der Trägheit
oder das Beharrungsvermögen nennt, hat
nämlich jeder in' Bewegung begriffene
Körper, sich selbst überlassen, das Streben,
in Richtung seiner jeweiligen Bewegung
geradlinig weiterzugehen; in dem gegebe
nen Fall sucht er also in Richtung der
Tangente fortzugehen und dadurch sich wei
ter von dem Mittelpunkt zu entfernen.
Um das letztere zu verhüten, muß der Z.
durch eine andre ihr gleiche, aber entge
gengesetzt gerichtete das Gleichgewicht ge
halten werden, die wir die Zentripe
talkraft nennen. Bedeutet v die Ge
schwindigkeit in der Sekunde in der kreis
förmigen Bahn und r den Halbmesser der
letztern, so wird dem Körper durch die Z.
in der Sekunde die Beschleunigung
V a
4 = 7- W
erteilt. Bezeichnet man mit w die Win
kel- oder Bogengeschwindigkeit, d. h. den
Bogen, den ein Punkt in dem Abstand l
vom Mittelpunkt in der Sekunde zurück
legt, wenn er gleichzeitig mit dem Körper
einen Umlauf vollendet, so ist v — w r
und daher
Die Größe der Z. ist gleich der Masse,
multipliziert mit der Beschleunigung. Be
trachten wir beispielsweise die Drehung
der Erde um ihre Achse, so beschreibt ein
Punkt in der Entfernung von 1 in von
der Achse in 24 Stunden oder 24 60 • 60
— 86,400 Sekunden einen Weg von
2 3,1416 — 6,2832 m; die Bogengeschwin
digkeit ist demnach
0,0000727 rn,
86,400
und ein Punkt am Äquator, welcher (nach
Lessel) 6,377,397 m von der Erdachse
entfernt ist, empfängt durch die Z. die Be
schleunigung
q — 0,0000727 2 • 6,377,397
— 0,03373 Dl.
Findet die Bewegung nicht auf einem
Kreise, sondern auf irgend einer krummen
Linie statt, so läßt sich in jedem Punkt