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Bianchini
ganz steril, ohne Atmosphäre und ohne
jegliches lebende Wesen erscheint, wir doch
daraus nicht den Schluß ziehen dürfen, daß
auch die andre Hälfte der Luft sowie der
Pflanzen- und Tierwelt entbehre. An
derseits ist aber wieder zu bedenken, daß
der Mond sich in derselben Zeit einmal
umdreht, in welcher er uni die Erde läuft,
weshalb der Tag dort zwei Wochen und
die darauf folgende Nacht ebenso lange
dauern muß. 'Dadurch wird aber ein so
starker Temperaturwechsel bedingt, daß
während der zweiwöchentlichen Nacht das
Quecksilber zum Gefrieren und während
des Tags das Wasser zum Sieden kom
men würde. Das sind jedenfalls Ver-
ältnisse, die dem Auftreten organischen
ebens nicht günstig sind.
Beim Merkur wissen wir ebenfalls
nichts von der Eristenz einer Atmosphäre,
wogegen bei der Venus und beim Mars
eine solche vorhanden ist. Der letztere
Planet regt übrigens mehr als die andern
den Gedanken an eine Bevölkerung durch
lebende Wesen an durch die an die me
teorologischen Erscheinungen in unsrer
Atmosphäre erinnernden Vorgäbe auf
seiner Oberfläche und durch die auf ihm
entdeckten Land-und Wassermassen. Weit
weniger wahrscheinlich erscheint die Eri
stenz lebender Wesen auf den sonnenfer-
nen Planeten Jupiter, Saturn, Uranus
und Neptun, deren Verhältnisse so wesent
lich von denen unsrer Erde abweichen.
Schon der Kardinal Nikolaus von
Cusa (Khrypffs aus Kues an der Mosel,
1401—64), dann der Philosoph Gior-
dano Bruno, der 1600 in Rom ver
brannt wurde, und auch unser deutscher
phantasievoller Astronom Kepler (in
seinem »Astronomischen Traum«, der erst
4 Jahre nach seinem Tode, 1634, erschien)
haben die Meinung ausgesprochen, daß
es außer unsrer Erde noch andre von
lebenden Wesen bevölkerte Welten gibt.
Auch der berühmte Huygens steht auf
dieser Seite und hat in seiner nachgelasse
nen Schrift »Kosmotheoros« seine hier
her gehörigen Ansichten auseinanderge
setzt. Am ausführlichsten hat sich aber
über diese Fragender französische Gelehrte
Fontanelle in seinen »Gesprächen über
- Biot.
die Mehrheit der Welten« (zuerst 1686)
verbreitet. Um die Mitte der 50er Jahre
wurde die Frage in England mit großer
Lebhaftigkeit erörtert, Brewster nahm
für, Whewell gegen die Mehrheit der
Welten Partei, später hat Guillemin
den Gegenstand behandelt in der Schrift
»Du pluralité des mondes habités«
(1861; deutsch von Drechsler, 1865).
Bianchini (spr. -klm), Francesco, geb.
13. Dez. 1662 zu Verona, gest. 2. Mai
1729 in Rom; Bibliothekar des Kardinals
Ottoboni in Rom, später päpstlicher Kam
merherr und Sekretär der Kalenderkon
gregation, beschäftigte sich viel mit astro
nomischen Studien. Vgl. Venus.
Biela, Wilhelm, Baron von, geb.
19. März 1782 zu Roßlau am Harz, seit
1805 in österreichischen Kriegsdiensten,
1832 Platzkommandant vonRovigo, starb
18. Febr. 1856 zu Venedig. Als Haupt
mann zu Joscphstadt in Böhmen entdeckte
er 1826 den merkwürdigen nach ihm be
nannten periodischen Kometen.
Bienewitz, s. Apianus.
Binär (v. lat. bini, »je zwei«), aus
zweien bestehend; daher binäre Sterne,
s. v. w. Doppelsterne.
Binokularteleskop, eine Verbindung
zweier Teleskope, ilach Art der üblichen
Theaterperspektive oder Operngucker, um
gleichzeitig mit beidenAugen beobachten zu
können. Die Schwierigkeit einer gleich
mäßigen Einstellung hat dieses System
für größere Instrumente nicht über das
Stadium des Versuchs gelangen lassen.
Biot (spr. biöh), Jean Baptiste, geb.
21. April 1774 zu Paris, seit 1800 da
selbst Professor der Physik und Astronomie
an der polytechnischen Schule, gest. 3. Febr.
1862; hat sich vorzüglich auf dem Gebiet
der Optik (Entdeckung der Zirkularpola
risation rc.) verdient gemacht; am Anfang
des Jahrhunderts vollendete er mit Arago
den südlichen Teil der großen französischen
Gradmessung. — Sein Sohn Eduard,
geb. 2. Juli 1808 zu Paris, gest. 12. Mai
1850 daselbst, Zivilingenieur und Er
bauer der ersten französischen Eisenbahn,
hat sich um die Astronomie durch Über
setzung chinesischer Quellen verdient ge
macht.