Die flächenhafte Topographie.
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tugiesen, Italiener, Nordamerikaner, sind für eine eingehendere Berücksichtigung
zu unbedeutend. Die Kolonialkarten der Engländer, Franzosen und Holländer be
ruhen wie die deutschen in der Hauptsache auf Routenaufnahmen, daneben finden
wir beachtenswerte Leistungen in genauem Aufnahmen. Neben rohen kartographischen
Erzeugnissen 1 finden wir elegante englische Karten für die Nilländer und Vorder
indien. Aber zu großzügigen Aufnahmen ihrer Kolonialgebiete und einheitlichen
Kartenwerken sind die Engländer nicht vorgedrungen, trotzdem sie über eine jahr
hundertlange kolonisatorische Erfahrung verfügen. Es soll nicht verkannt werden,
daß die nach den Kolonien vom Ordnance Survey entsandten Vermessungsexpeditionen
und der für Vorderindien eigene eingerichtete Vermessungsdienst mancherlei Beachtens
wertes geschaffen hat, aber gegenüber der langen Zeit, die England bereits zur Ver
fügung stand, und der von ihm beliebten eigenen Wertschätzung bedeuten die karto
graphischen Ergebnisse blutwenig. Auf Grundlage der französischen Karten
materialien, die mir unter die Hände gekommen sind, habe ich nirgends etwas Be
merkenswertes entdeckt, nirgends den Keim eines schöpferischen Gedankens, nirgends
die Spur zu einem kolonialkartographischen Typus. Die französischen Kolonial
karten bleiben sogar hinter vielen englischen zurück. Dagegen heben sich die hol
ländischen vorteilhaft hervor. Für Niederländisch-Indien ist ein eigener „Topo
graphischer Dienst“ eingerichtet. 1 2 Während man sich für die größten Gebiete Suma
tras, namentlich das Innere, noch mit Routenaufnahmen begnügen muß, besitzen
wir Aufnahmen der Westküste in 1 : 20000, 1 : 40000 und 1 : 80000, und neben den
andern Inseln ist es vorzugsweise Java, das sich ähnlicher Aufnahmen wie das Mutter
land erfreut. Die meisten Gebiete liegen in Aufnahmen in 1 : 20000 vor, selbst Ka
tastern in 1 : 5000 begegnen wir. Bergige Gelände ohne große wirtschaftliche Be
deutung erscheinen in kleinern Maßstäben. Welche Summe topographischen Fleißes
steckt in den „Krater-Kaarten“ in 1 :10000 und 1 : 25000. Die Vereinigten Staaten
haben in ihrem weiten Staatsgebiete flott arbeiten gelernt; ihre Aufnahmemethoden
wenden sie auf die Philippinen an, wie auch in China.
III. Die flächenhafte Topographie.
113. Flächendeckung, das Hauptziel der topographischen Aufnahme. Die voran
stehenden Betrachtungen haben dargetan, daß ich den Begriff der Kolonialkartographie
nicht allein auf die Schutzgebiete der europäischen Staaten anwende, sondern über
haupt auf jene Neuländer, in denen in geodätischer wie kartographischer Hinsicht
zusammenhängende Landesaufnahmen fehlen, und die sich „gewissermaßen als
Kolonialgebiete der europäischen Geodäsie kennzeichnen“, wie P. Gast sagt. 3 Denn
Kolonialländer sind traditionslose Länder, und zwar in dem Sinne, als ihr politisches
Gefüge nicht wie die europäischen Reiche von der Wucht der Tradition staatlicher
Einrichtungen und Maßnahmen, wozu die Landesvermessung als eine durchaus
1 So z. B. „Ordnance Survey of the peninsula of Sinai“, made in 1868—1869 by C. W. Wilson
and H. S. Palmer, under the direction of H. James. 1:126720; oder „Map of Afghanistan, based
on survey of India maps. 1:2027520. s. a.; u. v. a. m.
2 Vgl. „De Topographische Dienst in Nederlandsch-Indie“. Eenige gegevens omtrent geschie-
denis, organisatie en werkwijze, uitgegeven ter gelegenheid van de tentoonstelling van het koninklijk
Nederlandsch Aardrijs'.cundig Genootschap te Amsterdam. 1913.
3 P. Gast: Die Triangulation von Kolonialländern. Z. f. Verm.-W. 1910, S. 721.