Full text: Die Kartenwissenschaft (1. Band)

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Die Landkarte und ihr Lageplan. 
Ausdrucksweise ist reicher und vollkommener als das Wort; sie gibt in ihrer Art und 
Weise immer ein abgeschlossenes Bild. Das Wort kann zu ihrem Verständnis bei 
tragen, umgekehrt illustriert sie es vorteilhaft. Das Wort kann nur in den Aus 
messungen genauere Werte geben, die wohl aus der generalisierten Karte abgeleitet, 
geschlossen, aber nicht mathematisch genau abgegriffen werden können. In welchen 
Richtungen das Wort über der Karte steht, liegt auf anderm Gebiet und ist im ersten 
Teil erörtert worden (§ 23). 
Wenn die Donau oberhalb von Orsova bei Dol Milanovac etwas über 1900 m 
breit ist und 10 km südlich von Altorsova auf 150 m zusammengedrängt wird und 
östlich von Neuorsova wieder auf 1500 m und breiter anschwillt, muß dies auf Karten 
bildern selbst bis zum Maßstab 1 : 4000000 zum Ausdruck kommen. Freilich, die 
gegebenen Zahlenwerte wird man, auch bei einem Maßstab 1 : 1000 000, nicht ab 
greifen können. Da versagt die Generalisierung. Aber trotzdem muß sich diese 
Eigentümlichkeit der Donau in guten Karten wiederspiegeln. Wir klopfen da wieder 
bei dem Meister der Generalisierung, bei C. Vogel, an. Auf die von ihm herausgegebenen 
Blätter von Österreich-Ungarn in Stielers Handatlas findet sich die Donauverengung 
ausgezeichnet veranschaulicht, sowohl auf dem Übersichtsblatt in 1 : 3700000 wie 
den Spezialblättern in 1 : 1500 000. 1 Meßbare Werte können nur die topographischen 
Übersichtskarten liefern, am besten in 1 : 300000 und noch größerm Maßstabe. 1 2 
Bei der Wiedergabe der Flüsse wird man fast durchgängig bemerken, daß sie 
beim Generalisieren an Breite gewonnen haben; insonderheit Schulwandkarten über 
treiben darin mit vollem Bewußtsein (pädagogische Gründe!). Daß die Generalisierung 
umgekehrt verfährt und Ströme im Verhältnis zum Maßstab zu fein wiedergibt, ist 
gewiß etwas Seltenes. So erscheint mir die Wiedergabe des Amazonas auf unsern 
Handatlaskarten nicht ganz richtig. Wohl erreicht er nicht solche Breiten wie sein 
Nebenfluß, der Rio Negro, dieser ist an manchen Stellen bis 50 km und mehr breit, 
aber dennoch weist er im Unterlauf östlich von Obidos ähnlich ansehnliche Breiten 
auf, daß ihn Reisende mit Landseen, dem Bodensee, vergleichen, und die Anwohner 
ihn Rio Mar, „Meerfluß“, nennen. Von dieser Gewaltigkeit des Stromes geben uns 
selbst die besten Karten unserer Handatlanten kein genügend anschauliches Bild. 
Müßte auf solchen Karten nicht auch das gesamte Überschwemmungsgebiet, das 
jährlich regelmäßig in der Enchente, der Hochwasserzeit, überspült wird, irgendwie 
gekennzeichnet werden ? 
Dadurch, daß durch das Generalisieren nach vorgeschriebener Zweckbestimmung 
bestimmte Objekte auf Kosten der andern herausgehoben werden, hat es einen hohen, 
veranschaulichenden Wert. Es zeigt die Objekte nicht aneinander gereiht, sondern 
ineinander verarbeitet und vermittelt. Es weckt dadurch Ideenverbindungen, die 
der geographischen Weiterarbeit von großem Nutzen sind. Es ermöglicht, was oben 
durch die Deduktion angedeutet ist, aus allgemeinen Fällen immer wieder auf be 
sondere Erscheinungen zu schließen. Es lehrt den Wert einer Karte sowohl ein 
zuschätzen wie zu erschließen; denn jede einzelne Stelle auf der Karte muß, wie 
C. Vogel sagt, ihre Begründung in sich selbst tragen und mit andern Partien und 
der generellen Haltung des Ganzen harmonieren. 
1 In Debes Handatlas zeigt die Übersichtskarte von Österreich-Ungarn 1:2750000 (Nr. 26) 
die Donauverengung, merkwürdigerweise nicht die Karte von Ungarn 1:2000000 (Nr. 26a.). 
2 Vgl. Karte der Donau von ihrem Ursprung bis an die Mündung. 1: 300000. 16 Sektionen 
auf 9 Blättern. 2. Aufl. Wien, Pest, Leipzig. A. Hartlebens Verlag, s. a.
	        
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