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Die wissenschaftlichen Grundlagen der Geländedarstellung.
zu sein, daß das Punktsystem wesentlich besser und anschaulicher als die Schraffen-
manier oder die Schummerung wirke. Bei der Beurteilung ist ferner zu berücksich
tigen, daß die Karte nicht gestochen, sondern lediglich auf gutem Zeichenkarton
gezeichnet worden ist. Man merkt der Karte noch den wenig feinen Strich der Situation
und das Klobige der Schrift gegenüber der Brockhausschen Vorlage an. Das Karten
blatt ist nach Fertigstellung photographisch auf Stein übertragen worden. Diese
Methode entspricht ganz der, die ich im Kriege bei der Reproduktion von topographi
schen, im Felde aufgenommenen Karten in 1 : 25000 und 1 : 10000 anwenden ließ:
Saubere Originalzeichnung in Originalgröße auf Papier und photographische Über
tragung auf Aluminium- oder Zinkplatte. Würde nun eine derartige Karte wie der
Vierwaldstätter See von Haus aus im großem Maßstabe entworfen, hätte man weniger
mit der Schwierigkeit der klaren Punktanlage zu kämpfen. Bei der photographischen
Reduktion rücken alsdann die Punkte aufeinander und erzeugen ein schönes, klares
und plastisches Bild. Wünschenswert ist, daß von berufener kartographischer Seite
aus neue Versuche in dem Punktsystem, auch ohne Beeinflussung meinerseits, an
gestellt würden; dann würde man erst ein endgültiges Urteil über den Wert und die
Brauchbarkeit der neuen Manier fällen können. Ich selbst hätte gern meine Aus
führungen durch illustrierte Beispiele nach den verschiedensten Richtungen hin be
reichert, aber die gegenwärtigen obwaltenden mißlichen Verhältnisse zwingen bekannt
lich zu einem Minimum des beizugebenden Bildmaterials.
Fern liegt mir der Gedanke, in meiner Geländedarstellung nun die ,,allein richtige“
erblicken zu wollen. Ich betrachte sie nur als einen Fortschritt in dem Entwicklungs
gang der Methoden der Geländedarstellung. Man wird sie bloß von Fall zu Fall ge
brauchen. Das wird man ihr nicht absprechen können, daß sie für sich allein richtig
und anschaulich wirkt, daß sie auf einer wissenschaftlich sicherem Basis als die ihr
verwandten Darstellungen in Schraffen und Schummerung steht, und daß sie letztere
beiden in der Kombinations- und Modulationsfähigkeit übertrifft. Außerordentlich
gut verträgt sie sich mit dem Höhenschichtenkolorit. Handproben berechtigen zu
den schönsten Hoffnungen. In der Verquickung mit der Peuckerschen Farbenplastik
wirkt das Geländebild hervorragend plastisch, wo das punktierte Gelände, um nicht
die Farben zu erdrücken, in einem diskreten Grau, Braun oder Neutraltintenton zu
halten ist.
349. Die bisherige Anwendung des Punktes in der Kartographie. Anhangweise
zu meinem Punktsystem sei noch der verschiedenen Anwendung des Punktes in der
Kartographie in Kürze gedacht. Die Punktsignatur ist nichts Neues auf den Karten,
ist sie doch so alt wie die Karte selbst, denn auf der sogenannten nubischen Gold
minenkarte aus der Zeit König Ramses’ II. werden Punkte angewendet, um Geröll
und Gestrüpp anzudeuten (s. S. 401). Im Laufe der Zeit hat der Punkt in der Haupt
sache dreierlei Anwendungsbereiche gefunden, einmal als Signatur für geographische
Objekte, sodann für kultur- und naturhistorische Erscheinungen und drittens für
die Veranschaulichung von Bodenunebenheiten.
Nichts lag wohl logisch näher als die Sandflächen, d. h. den Sand durch Punkte
darzustellen. So erscheint denn der Punkt schon auf den ältesten Seekarten, um
die Sandbänke anzudeuten. Desgleichen ist es seit längerer Zeit üblich, die Wüsten
in Punkten wiederzugeben (S. 370). Durch gelbe und braune Farbe erhalten die
Wüstenpunkte ein realistisches Gepräge, wie wir es auf vielen Karten der neuern Hand-