Vorwort.
Was ich 1907 in dem Vortrag: „Die wissenschaftliche Kartographie im Uni-
versitätsunterricht“ auf dem XVI. Deutschen Geographentag zu Nürnberg wie in
dem Aufsatz „Die Kartographie als Wissenschaft“ in der Zeitschrift für Erdkunde
zu Berlin mehr programmatisch entwarf und zu bearbeiten in Aussicht stellte, liegt
jetzt beendet in der „KartenWissenschaft“ vor, nachdem ich Gelegenheit gehabt hatte,
auf großem Studienreisen meine Kartenkenntnis zu vertiefen und zu erweitern.
Längere Zeit arbeitete ich in Göttingen, Hamburg, Kiel, Berlin, Dresden, München,
Nürnberg, Gotha, Leipzig, Bonn, Duisburg, ferner in den verschiedensten Bibliotheken
in Wien, Paris, wo mir sogar die Einsichtnahme in das wertvolle Kartenmaterial
des Marineamtes (Service Hydrographique) gestattet war, in London, Edinburg,
Amsterdam, Brüssel, Kopenhagen, Stockholm, Petersburg und Moskau.
Vorliegendes Werk, das nur Forschungen und Grundlagen zu einer Karto
graphie als Wissenschaft geben will, ist weder eine Geschichte der Kartographie
noch ein Handbuch der Kartographie. Mir ist die geschichtliche Untersuchung
lediglich Mittel zum Zweck gewesen, um besser zur Klarheit über die einzelnen
Probleme vorzudringen. Soviel Ereude es auch einem Forscher bereitet, das ge
schichtliche Dunkel aufzuhellen, mich konnte es allein nicht befriedigen, mein Ziel
ging weit über das Historische hinaus. Immer wieder die Stellen zu finden, wo
die Verbesserung einzusetzen hat, immer wieder die Bahnen des Fortschritts zu
zeigen und zu öffnen, immer wieder neuen Ideen Baum zu schaffen, — das war
und ist mein eigentliches Ziel. Überall war ich bestrebt, auf Grund der Exaktheit
im kleinen und einzelnen zu großen Wahrheiten emporzusteigen.
In meiner Absicht lag es, der „KartenWissenschaft“ zugleich einen Atlas bei
zugeben, der die wichtigsten Karten in der geschichtlichen Entwicklung der Karte
veranschaulicht hätte. Leider ist die Herausgabe eines derartigen „genetischen
Facsimileatlas“ vorderhand ein Ding der Unmöglichkeit, weil dazu eine größere
Anzahl von Kartenreproduktionen aus Pariser und Londoner Bibliotheken notwendig
sind. Diese, zu einem Atlas vereint mit verschiedenen Abzügen von seltenen Karten,
die sich bereits in meinem Besitze befinden, dürften später einmal eine angenehme
Zugabe zu meiner Kartenwissenschaft bilden.
Mit dem Werke über die Kartenwissenschaft verfolge ich ebensowohl den idealen
Zweck, die theoretische Kartographie als Wissenschaft zu begründen, wie einen viel
seitig praktischen. Da galt es zunächst, für hinreichenden und interessanten Stoff
zu kartographischen Vorlesungen zu sorgen. Die Probleme der theoretischen Karto
graphie sind so vielseitig, aber auch so schwierig, daß sie nur ein Vollwissenschaftler
beherrschen und lehren kann. Es muß dahin gestrebt werden, daß die Vorlesungen
über Kartographie zu einem dauernden Bestand des Vorlesungsprogramms jeder
Universität und jeder Technischen Hochschule werden, so ähnlich wie dies bereits
an der Technischen Hochschule zu Aachen geworden ist.