Full text: Die Kartenwissenschaft (2)

Graphische u. geographische Methode der Statistik und ihr kartographischer Niederschlag. 131 
einflussen, daß es tatsächlich keinen absoluten, sondern nur einen momentanen 
Maximalwert darstellt, der — wohlverstanden — kein Mittelwert ist, aber im Grunde 
genommen relativ aufgefaßt werden muß. Mittelwerte sind immer relativer Natur. 
Selbst die Arealgröße der Rheinprovinz, zu deren Auffassung als absoluter Wert 
man allgemeinhin geneigt ist, und die jetzt 24482,5 qkm beträgt, ist relativ, denn 
vor dem Weltkriege betrug sie 27000,2 qkm. Administrative Grenzen sind nicht für 
die Ewigkeit geschaffen. — Um nicht der logischen Haarspalterei geziehen zu werden 
und im Interesse einer weitern ersprießlichen Untersuchung, wollen wir es bei dem 
üblichen Unterschied absoluter und relativer Werte in der statistischen Darstellung 
belassen. 
Die Funktionen der graphischen Darstellung absoluter und relativer Werte 
verhalten sich, wie F. Lange sagt 1 , wie Bild zur Erklärung. Er will damit zum Aus 
druck bringen, daß beide wohl aufeinander angewiesen, aber nicht vergleichbar sind. 
Die Darstellung der absoluten Werte hat, um andere Worte von Lange zu gebrauchen, 
eine beschreibende, die der relativen eine erklärende Funktion. Die erste hat 
es im Hinblick auf die Förderung der Erkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse mit 
der einfachen graphischen Übersetzung des statistischen Materials zu tun, die andere 
mit dem Verständlichmachen des Tatsachenbildes in seiner Zusammensetzung und 
den aus diesem Verständnis abzuleitenden Schlußfolgerungen. ,,Dabei ist zu be 
achten, daß die Darstellungen absoluter Werte, als Spiegelbild der Wirklichkeit, 
sich unbedingt mit dem statistischen Unterlagenmaterial decken, daß aber die Dar 
stellungen relativer Werte ein hohes Maß von graphisch-statistischem Taktgefühl 
voraussetzen, um die logische Deduktion nicht in falsche Bahnen zu lenken.“ Dies 
wird von Lange an den sogenannten „statistischen Karten“ nachgewiesen, die be 
kanntlich durch Farben oder Schraffuren relative Werte oder Mittelwerte versinnbild 
lichen, ohne den absoluten Werten irgendwie gerecht zu werden. Daß unter Umständen 
beträchtliche Fehler oder falsche Anschauungen entstehen können, wird an dem 
Hektarertrag des Mais in Böhmen und im Donau-Theiß-Becken beleuchtet, dort 
beträgt er auf einer Anbaufläche von 148 ha 33 dz, hier auf einer Anbaufläche von 
reichlich 500000 ha 20,6 dz. Würde nun bei der Darstellung nach den Prinzipien der 
„statistischen Karte“ differenzierend verfahren, entstünde ein ganz falsches Bild beider 
Länder für die Bedeutung des Maisbaues. Böhmen würde als hochwertiges maisbauen 
des Land erscheinen, obwohl es im Maisbau gar keine Rolle spielt. Mit diesen Fehlern 
haben relative statistische Darstellungen immer zu kämpfen. Das ist es ja auch, was 
die Geographen empfinden und wissen, weshalb sie besondere, die geographischen 
Methoden geschaffen haben, um — wie wir noch sehen werden — den relativen 
Werten mehr Wahrheit, Leben und geographische Wärme einzuhauchen. 
Den Unterschied der Funktionen hei der statistischen Darstellung nach absoluten 
und relativen Werten wollen wir anerkennen, nicht aber daraus beschreibende und 
erklärende Funktion ableiten. Beide weisen, wie es in ihrer Verdeutschung schon 
heißt, auf das „Unbeschränktsein“ und auf das „Bedingtsein“ hin. Darin liegt der 
Unterschied. Der ist ursächlich und bezeichnet keine Wirkungen. Beide sind ver 
sinnbildlichend und bedürfen, die eine sowohl wie die andere, quellenstatistischer 
und textlicher Ergänzung, bald einmal der Zahl, bald einmal des Wortes. Beide wollen 
in der Hauptsache bloß beschreiben und weniger erklären. Das letztere soll man 
1 F. Lange, a. a. O., S. Xb. 
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