Full text: Der Wunderbau des Weltalls oder populäre Astronomie

622 
Dreizehnter Abschnitt. 
aufgegeben; es ist also, wenn man einmal nacli „Weltjahren“ 
rechnen will, ziemlich gleich, von wo man ausgeht. 
Etwas zuverlässiger sind die Zeitrechnungen, welehe die 
Erbauung einer Stadt, den Anfang einer Dynastie u. dgl. als 
Epoche setzen. Die Römer zählen von Erbauung Roms 
(A. IL C.), so dass 1861 n. Ohr. = 2641 A. U. C. ist, doch 
liegt eine Ungewissheit in diesem Zeitpunkte. — Die alten 
Griechen zählten von Errichtung der olympischen Spiele, und 
ihre Zählung ist nur um 23 Jahre von der altrömischen ver 
schieden, um welche Zeit sie früher beginnt. — Die Türken 
und die andern muhamedanischen Völker zählen von der Flucht 
Muhameds vom 16. Juli 622 unserer Zeitrechnung an ; sie müssten 
also 1861 ihr 1239 stes Jahr anfangen, während sie schon das 
1277 ste haben: eine Folge der völligen Ausschliessung der 
Sonne aus ihrer Jahresrechnung. Ein Türke von 100 Jahren 
ist nach christlicher Rechnung erst 97 Jahre alt. 
Neben dem hier erwähnten türkischen Kalender hat sich 
indessen nicht blos bei den zahlreichen christlichen Einwohnern 
des osmanischen Reichs, sondern auch bei den Muhamedanern 
selbst, der christlich- (julianische) Geltung verschafft, da ein 
Kalender, der gänzlich von den natürlichen Jahreszeiten 
absieht, sich je länger je mehr als ungenügend darstellen muss, 
je mehr die Culturverhältnisse eines Volkes fortschreiten. Sollte 
daher auch eine 1844 veröffentlichte Verordnung des Sultans, 
den julianischen Kalender allgemein einzuführen, nicht sofort 
vollständig ausgeführt worden sein, so kann man dennoch mit 
Sicherheit annehmen, dass der türkische Kalender in Konstan 
tinopel bald nur noch zur Berechnung der Feste des Islam und 
sonst nicht weiter in Anwendung kommen werde. 
Die neuern Versuche Epochen einzuführen, z. B. die 
während der französischen Staatsumwälzung ein geführte Zählung 
vom Jahre der Republik (September 1792), gingen bald wieder 
unter; die angeführte Zeitrechnung währte nur 14 Jahre. 
Eine allgemeine Uebereinst immung der Völker ist bei der jetzigen 
Sachlage schwer zu erwarten. Vielleicht datirt man einst vom 
Ende der Kriege auf der Erdkugel; bis dahin aber, dass dies 
geschehen kann, möge immerhin jedes Volk bei seiner bisherigen 
Zählung bleiben: denn so lange das, was dem einen Volke 
zum Ruhme gereicht, dem anderen als Demüthigung erscheinen 
muss, wird man sich vergebens nach einer Epoche umsehen, die 
eine wirklich allgemeine Einführung zu gewärtigen hätte.
	        
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