Kräfte ohne Substanzen.
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zwischen den geistigen und materiellen Substanzen
gefunden. Wie die Materie auf den Geist und hinwieder
dieser auf jene einwirken könne, wenn beide so ungleich
artig wären, hat man für ein uns Menschen unerforschliches
Geheimnis erklärt. Aus den obigen Ansichten aber ergibt
sich, daß diese gegenseitige Einwirkung, teilweise wenig
stens, eine unmittelbare sein müsse, insofern also gewiß
nichts uns Geheimes und Verborgenes an sich haben könne;
womit wir jedoch allerdings nicht gesagt haben wollen,
daß es nicht sehr viel Wissens- und Forschenswürdiges in
demjenigen Teile dieser Einwirkungen gäbe, welche auf
irgendeine Weise, besonders durch Organismen ver
mittelt werden.
§ 57-
7. Ersann man sich vor alters Substanzen ohne
Kräfte, so wollte die neuere Zeit umgekehrt aus bloßen
Kräften ohne Substanzen das Weltall konstruieren.
Der Umstand, daß jede Substanz ihr Dasein uns nicht
anders kundgebe als durch ihre Wirkungen, somit durch
die Kräfte, war es ohne Zweifel, der die irrige Erklärung
des Begriffes einer Substanz, daß sie ein Inbegriff von
bloßen Kräften wäre, veranlaßt hatte. Und das grob
sinnliche Bild, auf welches die Etymologie der Worte;
Substanz, Substrat, Subjekt, Träger u. dgl. hinweisen,
schien einen klaren Beweis zu liefern, daß die allgemein
herrschende Lehre, zum Dasein einer Substanz bedürfe es
doch eines eigenen Etwas, dem jene Kräfte als Be
schaffenheiten desselben angehören, eine bloße Täu
schung der Sinnlichkeit sei; denn eines Trägers, einer
Unterlage in des Wortes eigentlichem Sinne bedarf es
hier ganz gewiß nicht. Aber müssen wir denn bei dieser
sinnlichen Auslegung bleiben? Jedes beliebige Etwas, selbst
den bloßen Begriff des Nichts müssen wir doch als einen
Gegenstand betrachten, dem nicht bloß eine, sondern ein
ganzer Inbegriff unendlich vieler Beschaffenheiten zukommt.
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