Full text: Commissions II (Cont.) (Part 4)

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Das Stecometer mit automatischer 
Registriereinrichtung 
Ein neues Datenverarbeitungssystem für die analytische Photogrammetrie • 0. Weibrecht 
1. Einleitung 
„Die Photogrammetrie ist die Kunst, die Rechnung zu ver 
meiden.“ Dieser Ausspruch, der häufig als Werbung für das 
neue Meßverfahren verwendet wurde, hatte in früheren Jahr 
zehnten seine volle Berechtigung. Die Aufgaben der stereo 
photogrammetrischen Auswertung konnten in sehr eleganter 
Weise durch Auswertegeräte verschiedener Grundprinzipien 
bewältigt werden, die alle zur Gattung der Analogrechner zu 
zählen sind. Die rechnerische Behandlung photogrammetri 
scher Aufgaben mußte wegen ihres Umfanges und Zeitauf 
wandes aus wirtschaftlichen Gründen von seiten der Praxis 
abgelehnt werden, da ja alle Rechenarbeiten im günstigsten 
Falle nur mit Tischrechenmaschinen ausgeführt werden konn 
ten. So blieb die analytische Photogrammetrie trotz der zahl 
reichen und sehr früh vorliegenden theoretischen Arbeiten 
über einen langen Zeitraum hinweg in ihren Anfängen stecken. 
Der eingangs erwähnte Werbespruch verlor aber mit dem Auf 
kommen der elektronischen Rechenautomaten sehr schnell 
seine Wirksamkeit und Gültigkeit. Heute ist die Entwicklung 
auf dem Gebiete der Photogrammetrie und besonders der 
photogrammetrischen Rechentechnik so weit vorangeschritten, 
daß die analytische Photogrammetrie zumindest eine gleich 
berechtigte Stellung gegenüber den Analogverfahren einnimmt 
[14]. Das Hauptanwendungsgebiet des analytischen Ver 
fahrens ist die Aerotriangulation und die punktweise Aus 
wertung in großen Maßstäben. 
Eine Voraussetzung für die Anwendung dieser modernen Aus 
wertemethode ist das Vorhandensein eines geeigneten Gerätes, 
das die Möglichkeit bietet, die meßtechnischen Grundlagen 
für die bisher bekannt gewordenen verschiedenen Verfahren 
der analytischen Photogrammetrie bereitzustellen. Im letzten 
Jahrzehnt ist eine Reihe derartiger Präzisionsmeßgeräte ent 
standen [6]. Von den meisten kann man heute sagen, daß sie 
hinsichtlich der angestrebten Genauigkeit und des damit zu 
sammenhängenden Aufwandes weit über die allgemeinen Er 
fordernisse der photogrammetrischen Praxis hinausgegangen 
sind. Diese Behauptung fand durch die Ergebnisse praktischer 
Arbeiten ihre einwandfreie Bestätigung. Ein bemerkenswerter 
Unterschied zwischen analytischer Photogrammetrie und 
konventioneller Photogrammetrie besteht hinsichtlich der 
Genauigkeit auch dann nicht, wenn man Präzisionsmeßauto 
maten zum Einsatz bringt, für die von der Herstellerfirma 
eine Meßgenauigkeit von 1 /<m angegeben wird. Die Luftbilder 
selbst sind für die Genauigkeitsschranke verantwortlich zu 
machen, die bis heute noch bei etwa 5 bis 9 //m liegt und weder 
mit Präzisionsstereokomparatoren noch mit Präzisionsuniver- 
salauswertegeräten überschritten werden konnte [3, 10, 13, 
17, 18]. Unter Beachtung dieser Tatsachen erhebt sich die 
Frage, ob der Aufwand gerechtfertigt erscheint, für die Durch 
führung der analytischen Photogrammetrie solche Präzisions 
stereokomparatoren einzusetzen, deren Anschaffungspreis in 
der Größenordnung des Preises für ein Universalauswertegerät 
I. Ordnung liegt. Diese Fragestellung wird noch bedeutender, 
wenn man berücksichtigt, daß der Einsatz der analytischen 
Photogrammetrie ja nicht nur einen Präzisionsstereokompa 
rator, sondern auch einen Rechenautomaten erfordert, auf 
dessen Anschaffungspreis wohl nicht besonders hingewiesen zu 
werden braucht. 
Verschiedentlich wurden bereits mit Erfolg auch Einbild 
komparatoren für die Meßdatenermittlung in der analytischen 
Photogrammetrie eingesetzt [6]. Hier bietet sich wegen seiner 
außergewöhnlich hohen Meßgenauigkeit (mittlerer Koordi 
natenfehler +1 /-in) und seines geringen Preises das Koordi 
natenmeßgerät 3030 des Jenaer Werkes besonders an [12, 21, 
22]. Die Wirtschaftlichkeit seines Einsatzes wird in absehbarer 
Zeit noch wesentlich höher sein, sobald es mit der vorgesehenen 
automatischen Registriereinrichtung ausgestattet sein wird. 
Einbildkomparatoren dieses Genauigkeitsgrades können in 
vielen Fällen die teueren Präzisionsstereokomparatoren er 
setzen, in jedem Falle aber dann, wenn es sich um Messungen 
mit höchsten Genauigkeitsanforderungen handelt. Freilich ist 
die Verwendung eines solch genauen Einbildkomparators nur 
zweckmäßig, wenn signalisierte Punkte oder Gitter ausge 
messen werden sollen. Die Notwendigkeit der exakten Punkt 
übertragung und die Schwierigkeiten bei der Punktidentifi 
zierung sind auch heute noch Hindernisse für einen verbreiteten 
Einsatz solcher Einbildgeräte in der Photogrammetrie. Des 
halb bleibt nach wie vor die berechtigte Forderung nach einem 
stereoskopischen Luftbildkomparator bestehen, dessen Ge 
nauigkeit und Preis für die Praktiker noch brauchbar und an 
nehmbar sind. 
Die Erfahrungen, die in bezug auf die Genauigkeit in der Praxis 
mit dem Jenaer Stereokomparator 1818 gemacht wurden 
[20], und die große Nachfrage nach dem relativ einfachen Gerät 
sind eine weitere Bestätigung dafür, daß eine Koordinaten- 
und Parallaxenmeßgenauigkeit von + 3,5 /im für die heutigen 
Belange der analytischen Photogrammetrie durchaus aus 
reichend ist. Der Stereokomparator 1818, dessen Konstruk 
tion im wesentlichen auf die Belange der terrestrischen Photo- 
grammetrie abgestimmt worden war, besaß natürlich durch aas 
Fehlen einer automatischen Registriereinrichtung einen fühl 
baren Mangel. Dies hinderte jedoch keinen der zahlreichen 
Benutzer, dieses einfache und billige Gerät auch für die Aus 
messung von Luftbildern einzusetzen [3, 9, 13, 24—26]. 
Diese Überlegungen und Tatsachen führten in Jena zur Ent 
wicklung eines neuen Präzisionsluftbildstereokomparators. Die 
Konstrukteure hatten sich das Ziel gesetzt, die zwischen dem 
Stereokomparator 1818 und den großen Präzisionsmeßauto 
maten bestehende Lücke zu schließen. So wurde ein neues 
Präzisionsmeßgerät mit automatischer Registriereinrichtung 
geschaffen, das mit erträglichem Aufwand, ausreichender Ge 
nauigkeit, erweiterten Meßbereichen und bequemer Bedie 
nungsmöglichkeit allen Anforderungen der modernen analy 
tischen Aerophotogrammetrie gerecht wird. Dieser neue 
Stereokomparator soll nun unter dem Namen „Stecometer“ 
vorgestellt werden, und es sollen die Möglichkeiten angedeutet 
werden, die das darauf aufgebaute photogrammetrische Daten 
verarbeitungssystem aus Jena bietet. 
2. Das Stecometer 
Entsprechend den Erfordernissen einer wirtschaftlichen Durch 
führung analytisch-photogrammetrischer Arbeiten besteht
	        
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