hauers, wie derselbe Name am Chor der Kollegiatskirche in Neuenburg
als Steinmetzzeichen vorkommt.
Wir müssen uns in der romanischen Bibelillustration umsehen. Der
Coder lat. 6 der Pariser Nationalbibliothek aus Saint Pere de Roda,
wahrscheinlich aus Ripoll stammend, enthält im 11. Band, fol. Acnach
Neuß, Die Katalanische Bibelillustration, Bonn 1922, 6. 78, Abb. 80)
einen Bildstreifen, der von oben nach unten Begebenheiten aus dem
Buch der Koͤnige schildert. Unter dem vierten Bild „Huldigung Abners“
zeigt das fünfte: „Die Bestrafung der Mörder Abners“; links daneben
Neuß entgangen) aͤn zwei Bewaffnete in vertraulichem Gespräch;
einer berührt das Kinn des anderen, der ihm den Arm um den Hals
legt. Das it der Verrat an Abner durch Joab, der ihn zu einem ver—
traulichen Gespräch auf die Seite genommen hät (2 Kge. — 2. Samuel,
Kap. 3, Vers 27).
Am Verduner Altar in Klosterneuburg a. D., entstanden 1181, be⸗
zeichnet die Unterschrift den auf Tafel 20 dargestellten Vorgang als
„becisio Abner“, Ermordung Abners. Die Umschrift goot „Alloquitur
plande Joab hunec peremitque nefande (Joab spricht ihn heuchlerisch an
und tötet ihn ruchlos)“. Auf dem Bilde scheint Abner unbewaffnet zu
sein. Joab hat ihn vprtrguli umfangen und drückt ihn an sich, sticht
ihm aber von unten her durch den Leib, so daß die Schwertspibe im
Rücken heraustritt.
Diese Tafel gehört zusammen zur achten Bildgruppe des Tafelwer—
kes: Kain tötet nede seinen Bruder Abel, Judas verrät mit
einem Kusse den Herrn, Joab den Abner. Jedesmal weist die Juschrift
auf die Perfidie hin.
Im 2. Buch der Könige (— 2. Samuel) 3, 27, wird berichtet, daß
Abner nach Hebron gekommen war; da führte ihn Joab hinterlistiger—
weise abseits unter das Tor, als wollte er mit ihm reden, und stach ihn
daselbst in den Leib, daß er starb.
Vers 30 exgänzt: Joab und sein Bruder Abisai hatten Abner er—
mordet. Da ist also Abners Bruder als Beihelfer genannt. Der ver—
räterische Helfer im Züricher Bilde trägt ebenso wie der Meuchelmoör—
der Joab einen deutlich sichtbaren Bart; sie sind dadurch als Brüder
gekennzeichnet. J
An den Schmalseiten dieser Kämpfertafel sind ein Drache und ein
Greif, dem schlimmen Inhalt des Bildes entsprechend. Diese Tafel,
deren Form aus der Reihe fällt wie das Kaiserrelief und das Bild des
Reiters bei den Greifen am nördlichen Turmpfeiler, mußte der Bild—
hauer anders, höher, den ganzen Kämpfer bedeckend nehmen, weil er
aufrecht stehende Männer, in den anderen genannten Bildern Reiter,
unterbringen wollte, ohne den Maßstab zu sehr verringern zu müsfsen.
Das Thema des Bildes ist unstreitig: Die verräterische Ermordung
Abners. Die Andeutungen sind deutlich, Analogien sind im roma
nischen Bilderbestand nachgewiesen. Ob nicht auf dem von Wiesmann,
Tafel XX, Abb. 4, gebrachten Pfeilerkapitell aus Elne der gleiche Bild⸗
gedanke, hier nur teilweise sichtbar, zu Grunde liegt (Bewaffnete, ein
Tor, Neugierige)?
Diese Bildtafel aber wurde nicht gegen das Schiff, der Kaisertafel
gegenüber angebracht, sondern auffälligerweise an der Westseite des
Pfeilers, abgewendet vom Chor. Abgewendet, weil es die „Perfidia
judaica“ (so in der Karfreitagsliturgie) an den Pranger stellt.
Am gleichen Pfeiler ist an der Sͤdseite ein Bildwerk der im Mün—
ster normalen Kämpferbildung eingepaßt, über der vorgefetzten Halb—
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