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also eine verhältnismäßig geringere Erwärmung der darunter liegenden Erdoberfläche
aufkommen läßt. Indessen geht selbst bei ganz heiterem Himmel ein großer Prozent-
satz aller Strahlung verloren. Hiervon abgesehen bewirken die Unebenheiten des Fest-
landes und die Art der von den Strahlen getroffenen Flächen eine andere als die rechnungs-
mäßige Verteilung. Man kann deshalb wohl annehmen, daß im allgemeinen und auf
das ganze Jahr verteilt die Erwärmung mit zunehmendem Breitengrade eine geringere
wird, nicht aber, daß diese Erwärmung genau etwa berechneten Verhältniszahlen ent-
spricht.
Es ist nämlich eine bekannte Tatsache, daß die Sonnenstrahlen auf gleich
gelegene Flächen verschiedener physikalischer Beschaffenheit bei gleicher Intensität
der Strahlung eine ganz verschiedene Erwärmung hervorbringen. Im all-
gemeinen erwärmt sich das Land viel rascher, als das Meer; im ersteren Falle wirkt spe-
ziell die Insolation viel energischer auf Felsen, Sand, Mineralien u. dergl., als auf einen
mit Gras oder Pflanzen bedeekten Boden. Außerdem verrichten die Sonnenstrahlen
auch die Arbeit der Verdampfung des Wassers, sowohl von den Wasser- als von den
Landflächen. Die von der Sonne gegen die Erde ausgestrahlte Wärmemenge wird des-
halb keineswegs ganz von den bestrahlten Flächen absorbiert, sondern auch zu vielen
anderen Arbeiten verwendet. Die Blätter der Pflanzen absorbieren die Sonnenstrahlen,
welche die von den Blättern aus der Luft aufgenommene Kohlensäure zerlegen, das Eis
der Polargegenden und der Gletscher absorbiert Sonnenstrahlen, um sich in den flüssigen
Zustand umzuwandeln usw. usw.
Die feste Erdoberfläche erwärmt sich bei Tage und im Sommer weit über die Tem-
peratur der untersten Luftschichten, kühlt sich aber andererseits bei Nacht und im Winter
nur wenig unter die Lufttemperatur ab, so daß im großen Durchschnitt die mittlere
Temperatur der Erdoberfläche höher ist als die der Luft. Dabei dringen dietäglichen
Schwankungen der Lufttemperatur bei ruhiger Luft selbst in heißen Klimaten nur bis
zu etwa 1 Meter Tiefe in den Boden ein, längere Frost- und Hitzeperioden allerdings
mehr, so daß sie bei der Tiefenlage von Rohrleitungen berücksichtigt werden müssen.
Die neuerdings, z. B. in Bayern, angestellten Frostmessungen in verschiedenen Tiefen
werden hierüber mehr Klarheit verbreiten, was besonders erwünscht ist, da Abküh-
lungen rascher in den Boden eindringen als Erwärmungen.
Das Maximum der Temperatur an der Bodenoberfläche stellt sich bei uns in der
Regel im Juli ein, das Minimum im Januar, in den Tropen richten sich die äußersten
Werte nach den Regenzeiten. Im Laufe eines Tages fällt das Temperaturminimum der
Luft und der Erdoberfläche etwa mit dem Sonnenaufgang zusammen, die höchste Tem-
peratur erreicht die Bodenoberfläche etwa um 1 Uhr mittags, also etwa 1 Stunde nach der
intensivsten Bestrahlung, während die höchste Lufttemperatur zwischen 2 und 3 Uhr
nachmittags eintritt.
Ein großer Teil der zugestrahlten Wärmemenge wird von der Oberfläche der Erde
wieder in den Weltenraum ausgestrahlt, und es ist begreiflich, daß
diese Ausstrahlung von ungeheurem Umfange sein muß, wenn man die niedere Temperatur
des Weltenraumes bedenkt. Gerade wie für die Besonnung, so bildet auch für die Aus-
strahlung die Beschaffenheit der Atmosphäre ein mehr oder weniger großes Hindernis:
je mehr Wasserdämpfe in der Luft enthalten sind, um so langsamer kann die Ausstrah-
lung sich vollziehen, während dieselbe bei reiner Luft sehr rasch erfolgt. Eine Wolken-
decke über der Erde kann sogar die Ausstrahlung nahezu ganz verhindern bezw. bewirken,
daß ein großer Teil der ausgestrahlten Wärme wieder zur Erde zurückstrahlt. Polierte
und helle Flächen, welche die Sonnenstrahlen leicht reflektieren, strahlen am wenigsten
Wärme aus; alle jene Körper dagegen, welche rauhe Oberflächen besitzen, dunkel