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überdies (den Winter ausgenommen) mit zunehmender Meereshöhe auch eine geringere Tem-
peratur einstellt, wird sich hier eine warme und feuchte Luft noch viel rascher und in reich-
licherem Maße ihres Dampfgehaltes entledigen. Im Hochgebirge erreicht demgemäß die
Niederschlagsmenge im allgemeinen ein Maximum. Sind die Gebirgszüge so gelegen, daß sie
von dem regenbringenden Winde (bei uns dem Südwest) senkrecht getroffen werden, so zwingen
sie denselben zum Aufsteigen und zur Kondensation der Wasserdämpfe; die Seite des Gebirges,
an welcher diese Kondensation erfolgt, heißt in bezug auf die Windrichtung die Luvseite,
die entgegengesetzte aber die Lee- oder Regenschattenseite. Auf der Leeseite findet ein Ab-
steigen des zum größten Teile schon seines Wasserdampfes beraubten Luftstroms statt; hier
wird also die Niederschlagsmenge verhältnismäßig gering sein. An der norwegischen Küste
ist die Regenhöhe 1000—2400 mm, sie steigt pro 100 m Erhebung um 5%, im Inland hat
man kaum 500 bis 1200 mm Regen. Liegt ein Gebirgszug so, daß seine Richtung mit jener
des Regenwindes zusammenfällt (schwäbischer Jura), so wird auf beiden Seiten des Gebirges
auch die gleiche Niederschlagsmenge sein, wenn wir vorerst den Einfluß der Vegetation (Be-
waldung usw.) außer acht lassen. Befinden sich auf der Leeseite hinter dem Gebirge große
Wasserflächen, so können die Luftströme aus den letzteren den verlorenen Wasserdampf
wieder ergänzen; im andern Falle werden sie mit zunehmendem Eindringen in den Kontinent
fortwährend ärmer an Wasserdampf. Die bei uns dem Regenwinde entgegengesetzten nord-
östlichen und östlichen Winde sind in der Regel trocken und kalt; die Gebirgsseiten, welche
die Richtung solcher Winde überqueren, werden deshalb wenig Kondensationen empfangen,
obschon beim Übersteigen der Gebirge die gleichen Erscheinungen eintreten, welche wir
soeben betrachtet haben. Es mag hier wiederholt werden, daß nicht die Temperatur der höher
gelegenen Gegenden selbst, sondern die infolge der Ausdehnung der Luftmassen entstehende
Pressungsabnahme und die mit dieser Zustandsänderung. verknüpfte Temperaturdifferenz
die Ursache der Kondensationen bildet.
Ein einzelstehender Berg übt auf die atmosphärischen Strömungen eine
andere Wirkung aus als ganze Gebirgsketten; hier wird nämlich nur ein Teil der vorbei-
strömenden Luft angehalten, der andere Teil kann ungehindert seinen Weg fortsetzen. Wenn
nun auch der Teil der Luft, welcher am Berge aufgestiegen ist, sich infolge dieser aufsteigenden
Bewegung erheblich erkältet hat, in feinen Nebel übergeht und aus der Ferne als eine dem
Berggipfel anhängende Wolke sichtbar ist!), so wird dieser Nebel doch stets mit der warmen
Luft, welche den Berg bloß umspült, in Berührung bleiben und sich wieder zu unsichtbarem
Wasserdampfe auflösen, wenn er von jener weiter getragen wird. Die Niederschläge würden
also in diesem Falle sehr geringfügig sein, wenn nicht die Ausstrahlung während der Nacht
besondere Wirkungen hervorrufen würde; indem aber der Einfluß dieser Ausstrahlung be-
sonders kräftig am Gipfel des Berges sich geltend macht, vermindert sich daselbst während
der Nacht die Temperatur rascher, als im Tale. Dieser Umstand ruft eine abwärts gerichtete
Bewegung der erkalteten Luftmassen und dadurch gegen den Berggipfel hin eine Ansaugung
der umgebenden warmen Luft hervor, welche sich am Berggipfel abkühlt und eine ihrer Tem-
peraturabnahme entsprechende Kondensation als Regen oder Schnee hinterläßt. Bei einzel-
stehenden Bergen erfolgen deshalb die Niederschläge weniger an der Luvseite, sondern in
der Regel hauptsächlich an der Bergspitze und gleichmäßig auf allen Seiten.
Die Täler verhalten sich, wenn sie eine große Breite besitzen, ebenso wie Ebenen,
sie erhalten also in solchem Falle gleichmäßige und geringe Niederschläge, dies wird um
so mehr eintreten, je mehr die Hauptrichtung des Tales mit der Richtung des Regen-
windes zusammenfällt. Sind dagegen die Täler vielfach gewunden und verhältnismäßig
schmal, so werden sie zu Ausgangspunkten für lokale Kondensationen, besonders wenn
sie tief eingeschnitten sind. In den Talsohlen wird während der Nacht die Luft stets
wärmer und wasserdampfreicher sein, als in den Bergen der Umgebung; von den letzteren
wird also die kalte Luft herabsteigen und durch Mischung mit der im Tale vorhandenen
1) Cranz beobachtete vom Monte Pellegrino in Sizilien aus, wie bei sonst völlig klarem,
wolkenlosem Himmel und hoher Temperatur nur die sämtlichen isolierten Berggipfel, die in
größerer Anzahl jene Höhe umgeben, jeder eine Wolkenkappe tragen, die ganz genau der
jedesmaligen Gestaltung des betreffenden Berges sich anpaßte und damit gewissermaßen
ein getreues Abbild der Bergform bildete.
Lueger-Weyrauch, Wasserversorgung I. 2. Aufl. 16