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berg über die Wasserversorgung einiger Nordseebäder gehaltenen Vortrag.!) Herzberg
stellte die Theorie auf, daß in den Dünen der ostfriesischen Inseln das versickerte Regen-
Fig. 67. wasser auf ‚dem schwereren See-
wasser schwimme. Herzbers fand,
_Seespiegel.
Au er —
N
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daß unter Inseldünen das See-
wasser viel tiefer stand als der
no mittlere Seespiegel und erklärte
R sich die Sache wie folgt: Das
spezifische Gewicht des Seewassers ist etwa 1,027. Die obere Grenze des Seewassers
unter einer Insel sei die Linie A BC (Fie. 67), die obere Grenze des Süßwassers
die Linie Ab C, ihr höchster Punkt liegt um t über dem mittleren Meeresspiegel. Die
beiden Wassersäulen der verschieden schweren Wasser müssen sich das Gleichgewicht
halten, d. h. es muß sein, ZH = 1,027.h, oder daH =h-Ht, so muß h ti = 1,027.h sein
oder es gilt die Bezeichnung A—=37t. Diese Verhältniszahl wird natürlich durch die
Widerstände des Dünensandes gegen Versickerung beeinflußt und innerhalb bestimmter
Grenzen verändert.
Wir fügen hinzu, daß die Meeresinseln und die in der Nähe des Meeres gelegenen
Dünen wegen des dort reichlich vorhandenen Wasserdampfes und der steten lebhaften
Luftströmungen zweifellos ein für die Grundwasserbildung durch Kondensation und
Dampfströmungen außerordentlich geeignetes Gebiet darstellen, die große Süßwasser-
menge in den Dünen ist also durchaus nicht verwunderlich. In den Dünen von Amsterdam
wurde innerhalb 77 Tagen (vom 3. April bis 19. Juli 1903) eine mittlere Steigung des
Grundwassers im Betrag von 36 cm nachgewiesen, was einem Vorrat an Dünenwasser
von 2 610 000 cbm entspricht. Die beiden trockenen Jahre 1901 und 1902 zeigten eine
beinahe fortwährende Senkung des Wasserstandes. (Zur Sammlung des Dünenwassers
dienen in Amsterdam horizontale Drainierungen durch offene Kanäle oder Bassins bezw.
Röhren und vertikale Drainierungen durch Brunnen.)
An anderen Stellen konnte die Herzbergsche Anschauung nicht bestätigt werden.
Dabei ist aber zu beachten, daß Herzberg seine Angaben nur für die von ihm untersuch-
ten Inseln gemacht hat. Unter Festlandsdünen können ganz andere Verhältnisse
stattfinden. Auch ist natürlich die Meerestiefe in der Nähe des Ufers von bedeutendem
Einfluß, ebenso die Tiefenlage etwaiger undurchlässiger Zwischen- oder Sohlenschichten
und vor allem das Vorhandensein oder Fehlen von Grundwasserströmungen
zum Meer hin. Wo solche vorhanden sind, und namentlich wenn ihr Gefälle nicht
zu gering ist, muß das Seewasser bei der kurzen Dauer der Flutperioden andauernd
zurückgedrängt werden, während in anderen Gegenden, wo starke Grundwasser str ö-
mungen und regelmäßige Niederschläge fehlen, das Grundwasser oft — wie z. B.
an unserer südwestafrikanischen Küste weit ins Land hinein brakisch ist. Wegen seines
Überdruckes gegenüber dem Seewasser muß das Süßwasser der Dünen in die Tiefe dringen
und das Salzwasser vor sich her ins Meer schieben. Verfasser konnte auf der Insel
Walcheren tagtäglich während der Ebbezeit am Strand lebhaften Austritt von Grund-
wasser (in der Hauptsache natürlich bei Flut eingedrungenes Seewasser) beobachten.
Durch Grundwasserströmungen vom Land her wird der ganze Vorgang noch verstärkt.
Daß eine gewisse wenn auch verschwommene Grenzschicht zwischen beiden Wasserarten
bestehen bleibt und eine vollständige Vermischung der beiden Wässer nicht zustande
kommt, rührt daher, daß von oben oder vom Land her stets neues Süßwasser in genü-
gender Menge nachgeschoben wird. Nimmt, z. B. in einzelnen Trockenperioden, dieser
!) Gesundheitsingenieur 1901, 8. 359.