Full text: Vorkenntnisse und Hilfswissenschaften, die Hydrologie, die Wassergewinnung (2,a)

  
   
Hieraus ergibt sich eine eigentümliche Beziehung zwischen dem Sättigungsdefi- 
zit der Luft und den Grundwasserständen. Für München und Berlin ergaben 30-jäh- 
rige Beobachtungen an 3 Brunnen bezw. 16-jährige Beobachtungen an 37 Brunnen fol- 
sende Daten: 
Niederschlag Sättigungsdefizit Grundwasserstand 
Max. Min Max. Min. Max. Min. 
München Juni Februar Juli Januar Juli November 
Berlin Juli April Juli Dezember April Oktober 
Man kann das Sättigungsdefizit ansehen als die Resultierende aus allen klimatischen 
Faktoren, derart, daß das Sättigungsdefizit und mit ihm zusammen die Verdunstung 
einerseits und die Niederschläge andererseits die Grundwasserstände beeinflussen, indem 
Niederschlagshöhen Sättigungsdefiziten 
bei großen - und klemen — —  — 2, der Gründwässer- 
=  Sättigungs ‚unesdefiziten Niederschlagshöhen 
Niederschläge 
stand durch die beherrscht wird. Weitere Ausführungen hierüber 
Sättigungsdefizite 
finden sich bereits in $ 48. 
Zweifellosen Einfluß übt auch der Barometerstand. Vielfache Beobach- 
tungen lassen deutlich erkennen, daß verschiedene Quellen und auch das Grundwasser 
in den Brunnen von dem Barometerstande derart beeinflußt werden, daß der Wasser- 
stand bei plötzlich sinkendem Luftdrucke zuzunehmen beginnt: „Die Quellen steigen“. 
Da in diesem Falle meist Regen folst, so ist in dem Steigen der Quellener, siebigkeit vor 
eingetretenem Regen ein Hauptunters ne der Kondensationstheorie 
Gechen worden. Indessen erklärt sich das Steigen des Tode assers in Brunnen und in 
der Quellenergiebigkeit auch schon dadurch, daß die im Innern der Gebirge über der 
Grundwasserwelle stehende unterirdische Atmosphäre ihre Pressung mit der Außen- 
luft nur langsam auszugleichen vermag wegen der erheblichen Widerstände, die der Luft- 
bewegung in den ee: entgegenstehen. Während an der Ausflußöffnung 
die atmosphärische Pressung schon gesunken ist, besteht also über der Grundwasserwelle 
die höhere Pressung noch einige Zeit fort und veranlaßt notwendigerweise unter sonst 
gleichen Umständen eine vermehrte Quellenergiebigkeit. 
Latham war zu Beobachtungen über den Gegenstand durch Mühlenbesitzer an- 
geregt worden, welche Mühlen in der Nähe größerer Quellen betrieben und aus dem Zuwachse 
de Aufschlags, wassers mit ziemlicher Sicherheit auf eine Änderung des Wetters schlossen. 
Er stellte in einer Zeit, in welcher die Niederschläge keinen Einfluß auf die Quellen üben konn- 
ten, Untersuchungen an, die beriatlevon, daß alle plötzlichen Barometerdepressionen 
von einer Vermehrung des Quellwassers begleitet waren, die wieder nachließ, sobald das 
Barometer anfing, zu steigen. Die Schwankungen der Wassermenge der Croydon- Quellen 
in der Grafschaft Surrey südlich von London infolge des Atmosphärendruckes betrugen bis 
zu 2000 Kubikmeter pro Tag (23 Sekundenliter)! Eine weitere Bestätigung fanden diese Unter- 
suchungen an tiefen Brunnen usw. Latham erklärte sich den Fall durch die „‚Expansivkraft‘“ 
der Gase. Auch der Franzensbader Sprudel soll bei abnehmendem Barometerstand im Tag 
bis 2000 ebm mehr liefern als normal. Ähnliche Beobachtungen sind schon früher gemacht 
worden. Cartheuser schreibt: Memorari hoc loco merentur fontes barometrieci (Wetter- 
brunnen), qui pluvia imminente turbidi evadunt, restituta autem coeli serenitate pristinam 
limpididatem reeuperant et sie mutationes tempestatis praesagiunt. Talis fontis in Muti- 
nensi agro mentionem facit ex relatione A. Valisnerii Scheuchzerus in Hydrograph. Helv. 
85.132. 
Es ist nach $ 46 No. 5 nicht verwunderlich, daß in der Nähe der See auch Ebbe 
und Flut ihren Einfluß auf den Grundwasserstand geltend machen. Je näher ein 
Beobachtungspunkt dem Meeresstrand ist, desto größer werden die vom Meer hervorge- 
  
  
   
  
   
   
    
   
  
  
  
    
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
   
    
   
  
  
  
  
  
  
   
    
	        
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