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für deren wissenschaftliche Wertung. Hiezu sollten dem Rutengänger die Bodenverhält-
nisse unbekannt sein und dies ist der Grund, warum bei sonst geeigneten geologischen
Verhältnissen das Aufsuchen von Leitungen wohl der sicherste Prüfstein für Ruten-
gänger ist.
Andererseits wurde anläßlich der ersten Begehung des Terrains über dem Kaliberg-
werk Hänigsen bei Hannover !) bei sonst ganz sicher arbeitenden Rutengängern eine durch
die ihnen bisher unbekannten Einflüsse bewirkte Ratlosigkeit und Unsicherheit beobachtet,
der sie offenen Ausdruck verliehen, und die sie bei längerem Aufenthalt in jenem Gebiet
mehr und mehr verloren.
Die Nachprüfung der von Rutengängern gemachten Angaben muß in allen Fällen
eine sehr sorgfältige sein.
Der Rutengänger Edler von Gräve hat neuerdings wieder darauf aufmerksam ge-
macht, daß vielfach Mißerfolge, die beim Bohren hinter der Wünschelrute entstehen, der
Wünschelrute zugeschrieben werden, während sie eigentlich dadurch entstehen, daß die
Bohrfirmen sich nicht genau an die Angaben des Rutengängers halten, bei unvorsichtigem
Vortrieb der Bohrungen einzelne Wasserschichten überbohren, oder seitlich an den
Wasseradern vorbeibohren (vgl. die Bemerkungen auf Seite 1101 a).
Einen eklatanten Fall dieser Art berichtet Witt im Prometheus (1123, S. 123).
Es handelt sich um den Bohringenieur C. L. Fehrmann, der auf dem Rentengut Lovin
bei Greifenberg i. Pr. Wasser suchen sollte. ‚Er bezeichnete drei verschiedene Stellen
in der Nähe von Gehöften, wo man in Tiefen von 36, 25 und 23 m auf eine nur etwa Im
breite Wasserader stoßen werde. Es wurde an den angegebenen Stellen gebohrt und an
den ersten beiden fand man auch ungefähr in der vorverkündeten Tiefe ausreichend
Wasser. An der dritten Stelle hingegen wurde vergeblich gebohrt: obwohl man bis auf
721/, m Tiefe niederging, trat kein Wasser zutage; da aber der Rutengänger versicherte,
ein so vollständiger Irrtum seinerseits sei ausgeschlossen, forschte man der Sache weiter
nach, und nun stellte sich heraus, daß der Brunnenbauer fahrlässigerweise um 68 cm von
der ihm angegebenen Stelle abgewichen war. Es wurde nun an dem richtigen Punkt
nochmals gebohrt, und hier stieß man dann auch wirklich zwischen 201% und 24 m Tiefe,
also genau dort, wo der Rutengänger es vermutet hatte, auf eine ergiebige Wasserader!“
Besonders schwer zu beantworten ist die Frage nach der Zuverlässigkeit der Tiefen-
bestimmungen für die Wasservorkommen. Die Rutengänger selbst benützen hierfür
nicht alle dasselbe Verfahren und man besitzt bisher keine wissenschaftliche Erklärungs-
möglichkeit für irgend eine Art der Bestimmung. Außerdem erfordert die genaue Fest-
stellung der Tiefe eines Wasserzutrittes bei den Bohrungen sehr sorgfältige Arbeit seitens
der Bohrunternehmer und Fälle, in welchen eine wasserhaltige Schicht überbohrt wird,
sind wie bereits bemerkt nicht selten.
Der Rutengänger kann aber auch Wirkungen unterworfen sein, an deren Beobach-
tung meist nicht gedacht wird. Können nicht atmosphärische Zustände irgendwelcher
Art, elektrische, Feuchtigkeits- und Wärmeverhältnisse, die fehlende oder vorhandene
Sonnenbestrahlung von Einfluß auf Strahlungen aus dem Erdinneren sein? Ansätze
zu solchen Beobachtungen sind bereits vorhanden. Sie können vielleicht die Verschieden-
heit der zu verschiedenen Zeiten an derselben Stelle mit verschiedenen Rutengängern
erhaltenen Resultate erklären. Viel zu wenig beachtet sind bisher auch die physischen
und psychischen Einflüsse, denen die Rutengänger unterworfen sind, und welche oft
während der Arbeit als hochgradige Erregung bemerkbar werden. Die Prüfung eines
Rutengängers muß also auch in dieser Hinsicht mit großer Vorsicht durchgeführt
1) Schriften des Verbands zur Klärung der Wünschelrutenfrage, Heft 2.