ersteren drohend das 'Schwert des Prozesses hing. Im Herbst
1631 hatte sich Galilei, tun der sich um ihn sorgenden Tochter
möglichst nahe zn sein, ein Landhans — „Juwel" genannt —
in nächster Nähe des Matthänsklosters gemietet, während er
in der Stadt selbst sich nur ein Absteigequartier vorbehielt;
solches gewährte ihm sein jetzt verheirateter Sohn Vineenzo,
der als Beamter in Florenz lebte. Ob Maria Celeste die
bedenklichen Umstände kannte, unter welchen ihr Vater seine
fünfte Romreise antrat, wissen wir nicht, denn vom 30. Angnst
1631 bis zum 5. Februar 1633 ist ihr Briefwechsel unter
brochen, was ja bei der geringen räumlichen Entfernung
zwischen der Mietswohnnng und dem Konvente wohl zu
verstehen ist 218 ). Wenn wir uns jedoch entsinnen, daß Galtlei
die Reise trotz seines leidenden Zustandes zu machen hatte, so
konnte ja einer liebenden Seele nicht entgehen, daß da kein
freier Entschluß vorlag. Von Rom aus liefen freilich Trost-
briefe ein, aber leider sollte die Beruhigung, welche dadurch
Maria Celeste erfuhr, keine nachhaltige sein. Bald vernahm
sie das Schreckliche, was sich ereignet hatte, und was für
die fromme Klosterfrau noch schrecklicher als für andere
Menschen sein mußte, aber jetzt zeigte sich jene kindliche Liebe,
von welcher sie in ihrem Briefe vom 18. Juni 1633
spricht 21 "), im schönsten Lichte. Das Verhältnis zwischen
Galilei und seiner Ältesten bewährte sich von nun an voll
kommen in Gemäßheit desjenigen, welches dem großen grie
chischen Dichter zufolge zwischen Oedipns und Antigone be
standen hat.