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der Eisbildung auf dem Bodensee mit Hilfe des Luftschiffes “Graf Zeppelin”.
Seither haben alle Wissenschaften, die sich mit der Erdoberfläche beschäftigen,
bestens gelernt, die Möglichkeiten der Aero-Photographie für ihre Forschun
gen auszunutzen. Aber noch nie hat eine so umfangreiche, internationale, alle
Wissenschaften umfassende Tagung stattgefunden, wie das gegenwärtige
Symposium, das wir der Initiative der International Society for Photogram-
metry und des International Training Centre for Aerial Survey verdanken.
Im Rahmen dieses Symposiums sind schon die verschiedensten Wissenschaften
mit ihren Erfahrungen zu Wort gekommen: Archäologie, Vegetations
forschung, Forstwesen, Geologie, Geomorphologie, Pédologie, Ozeanographie,
Glaziologie, landwirtschaftliche Bodennutzung, Siedlungswesen, Landes
planung, Städteplanung, Landschaftsschutz und Ingenieurwissenschaften.
Die Frage ist: Was kann daneben noch ein Thema “Geographische Luft
bildforschung” Neues bieten? Dazu ist zu sagen: Wohl für keine Wissenschaft
hat die Luftbildinterpretation eine so generelle Bedeutung wie für die Geo
graphie. Was ist die Aufgabe der Geographie? Geographie ist das Studium der
räumlichen Differenzierung der Erdoberfläche schlechtweg, wobei der Geo
graph die Aufgabe hat, alle die Erscheinungen, die das Bild der Erde formen,
in einen kausalen, funktionalen Zusammenhang zu bringen, in ihren viel
fältigen und wechselseitigen Beziehungen zu sehen: Geologische Struktur,
Klima, Landformen, Verwitterungsböden, hydrologische Verhältnisse und
Wasserhaushalt, Vegetation, Tierwelt, namentlich die massenweise auf
tretenden Tiere und die Parasiten, Geländeklima und Mikroklima, die land
wirtschaftliche, forstwirtschaftliche und industrielle Bodennutzung, mensch
liche Siedlungen und Verkehrswege. Bei der geographischen Forschung han
delt es sich also sowohl um physikalische und biologische als auch kulturelle,
soziale und wirtschaftliche Funktionen in ihren gegenseitigen Beziehungen.
Zum Beispiel bedingen Klima, Gestein, Bodenwasser und die Vegetation,
alle vier zusammen die Verwitterungsböden. Aber auch die Vegetation ist
abhängig vom Boden; das Bodenwasser und der Grundwasserstand werden
von der Vegetation und ihrem verschiedenen Wasserverbrauch (Evapotranspi
ration) beeinflusst. Die menschlichen Werke sind bis zu einem gewissen Grad
abhängig von der Natur, aber der Mensch verändert ebenso seinerseits die
Naturverhältnisse.
Für den Zusammenklang all dieser Erscheinungen in der räumlichen Einheit
hat die Geographie den Begriff “Landschaftskunde” oder “Landschaftsgeogra
phie” geschaffen. Das Wort Landschaft wird dabei als regionaler Begriff auf-
gefasst. Wir sprechen von geographischen Landschaften (natural régions, land-
scape régions, paysage géographique ou paysage régional). Solche “natural
régions” haben ganz verschiedene Dimension, von den kleinsten topogra
phischen Landschaftseinheiten, die wie Mosaiksteine das Mosaik der Land
schaft, das “landscape pattern” bilden, bis zu den grossen klimatischen Land
schaftsgürteln, den “climatic landscape belts”. Dazwischen gibt es eine ganze
Serie, eine Hierarchie von Raumeinheiten oder Landschaftseinheiten ver
schiedenen Masstabs.