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SYMPOSIUM PHOTO INTERPRETATION, DELFT 1962
blick in die Grossformen des Reliefs und die charakteristische Ausbildung des
Gewässernetzes voraus. Die Erdölgeologie war es auch, die schon sehr früh,
nämlich bereits gegen Ende der 20er Jahre, die technische Entwicklung der
Aufnahmekammern in der Richtung auf grösstmögliche Raumerfassung durch
leistungsfähige Weitwinkelobjektive stark beeinflusst hat. Auf diesem Wege
stellt die Konstruktion der 9-linsigen Panoramakammer von Aschenbrenner
eine ebenso bemerkenswerte und originelle Lösung des Aufnahmeproblems
dar wie das schon 1934 in der Sowjetunion entwickelte Russar-Objektiv mit
einem Bildwinkel von 100°.
Den als klassische Beispiele häufig zitierten Erdöl-Erkundungen auf Neu
guinea (1935-1938) sind inzwischen unzählige erfolgreiche Unternehmungen
in allen Erdteilen gefolgt, welche die grundsätzliche Richtigkeit dieser Ex
plorationsmethode voll bestätigt haben. Methodisch verfeinert, vor allem
durch die Verbindung mit geophysikalischen Messungen und mit terrestri
schen und statistischen Kontrollverfahren, hat das kleinmasstäbliche Luftbild
nicht nur in Geologie und Lagerstättenforschung, sondern auch in der Forst
wirtschaft und Bodenkunde einen beachtlichen Beitrag zur Erschliessung des
Rohstoffpotentials der Erde geleistet.
Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Zweckmässigkeit haben die aero-
photogrammetrischen Methoden auch für die Aufnahme und Laufendhaltung
topographischer Übersichtskarten in letzter Zeit grosse Bedeutung gewonnen. Bei
der topographischen Auswertung kleinmasstäblicher Weit- und Überweit
winkelaufnahmen waren zunächst natürlich erhebliche Schwierigkeiten zu
überwinden. Man ist aber heute, wie die letzten “kontrollierten Versuche”
der O.E.E.P.E. und der I.S.P. beweisen, dem Ziel einer unmittelbaren photo
grammetrischen Entwicklung von Karten mittleren und kleinen Masstabes
ein gutes Stück nähergekommen. Die entscheidenden Schwierigkeiten scheinen
hier heute weniger auf dem Gebiet der geodätischen Präzision als auf dem der
geographischen Interpretation des kleinmasstäblichen Bildinhaltes zu liegen.
Hier eröffnet sich für die Zusammenarbeit von Topographen mit luftbild-
erfahrenen Geographen und Geologen ein fruchtbares Betätigungsfeld. Dies
hat besonders R. Finsterwalder als wichtige Erfahrung aus den Versuchen
in Frankreich und Kanada mehrfach betont. Allerdings können bei klein
masstäblichen Luftbildern oft recht schwierige Probleme der Identifikation
und Interpretation auftreten, sofern nicht ausreichende Möglichkeiten zu
Feldkontrollen gegeben sind. Hier spielt auch das Problem der sachgemässen
Generalisierung, der Zusammenfassung von Geländeformen, Vegetations
typen und kulturlandschaftlichen Erscheinungen, eine entscheidende Rolle.
Generalisieren ist in hohem Masse eine “Kunst des Weglassens”. Sie setzt also
eine kritische Wertung von wichtigen und nebensächlichen Formen voraus
und hat eine klare Herausarbeitung der für die betr. Landschaft typischen
Formenkomplexe - im morphologischen wie im kulturgeographischen Sinne -
zum Ziel. Die photogrammetrisch gewonnene Höhenlinien- und Situations
zeichnung ist zunächst noch keine Karte, sondern nur topographisches Roh
material, das durch landschaftskundliche Interpretation des Bildinhaltes auf-