Full text: Lexikon der Astronomie

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Parallaxe (ältere Beobachtungen). 
Minute reduzierte, gab sich vergeblich 
Mühe, eine P. der Fixsterne zu finden, 
und das Mißlingen dieser Versuche war 
ein Hauptgrund, weshalb er daö Koper- 
nikanische System verwarf. Auch der Je 
suit Riccioli bekämpft die Lehre des Ko- 
pernikuö aus dem gleichen Grund. 
Als das Fernrohr erfunden und mit 
den astronomischen Instrumenten ver 
bunden worden war, wurde die Hoffnung, 
eine P. zu finden, aufs neue rege. New 
tons Zeitgenosse, der Geometer Wallis, 
beobachtete gegen 40 Jahre hindurch eine 
Anzahl größerer Sterne durch ein auf der 
Spitze eines Turms angebrachtes Objek 
tiv und ein in einer Mauer seines Hau 
ses eingemauertes Okular in der Absicht, 
periodische Veränderungen in den Unter 
schieden der Azimute derselben nachzuwei 
sen. Er kam aber zu keinem entscheiden 
den Ergebnis. Bald nachher wollte R o w - 
ley ähnliche Beobachtungen an einem der 
Türme der Paulskirche in London an 
stellen, was aber Newton verhindert ha 
ben soll, da er das Mißlingen befürchtete. 
Eine Hauptschwierigkeit bereitete den 
Beobachtern jener Zeiten die Refraktion 
oder die Brechung der Lichtstrahlen beim 
Durchgang durch die verschieden dichten 
Schichten der Atmosphäre und die dadurch 
bewirkte Änderung des scheinbaren Orts 
der Sterne. Zwar kannte man die Existenz 
derselben schon lange, aber man war nicht 
im stände, ihren Einfluß für verschiedene 
Höhen mit derjenigen Genauigkeit anzu 
geben, welche nötig ist, um Änderungen 
des Orts von solcher Geringfügigkeit zu 
erkennen wie die durch die parallaktische 
Verschiebung bedingten. Deshalb wurden 
die Beobachtungen an Sternen angestellt, 
die in großer Höhe standen, weil am Zenith 
die Refraktion gleich Null ist. 
Newtons Zeitgenosse und Nebenbuhler 
Robert Hooke konstruierte für derar 
tige Beobachtungen einen sogen. Zenith 
sektor, ein mit einem kleinen Kreissektor 
versehenes Fernrohr von 36 Fuß Fokal 
weite, das er im Dach seines Hauses in 
Chelsea vertikal befestigte, und mit wel 
chem er 1669 den nahe am Zenith kulmi 
nierenden Stern Y im Drachen während 
des Durchgangs durch den Meridian be 
obachtete. AuS den in den Monaten Juli, 
August und Oktober bemerkten Änderun 
gen der Zenithdistanz glaubte er auf eine 
P. von 27—30" schließen zu dürfen. 
Flamsteed, der erste Direktor der 
Sternwarte zu Greenwich, beobachtete um 
1690mitdem dortigen sechsfüßigenMauer- 
quadranten den Polarstern und fand an 
demselben kleine Ortsveränderungen, die 
aber, wie Dom. Cassini nachwies, nicht 
mit den aus der P. sich ergebenden über 
einstimmten. 
Auch Picard sowie die beiden ältern 
Cassini beschäftigten sich mit Auffin 
dung der P. der Fixsterne; vornehmlich 
aber ist Ole Römer zu nennen, dem die 
praktische Astronomie nächst Picard seit 
Tycho BraheS Zeiten die wesentlichsten 
Fortschritte verdankt. An einem in ei 
nem Fenster seiner Wohnung in Kopen 
hagen aufgestellten Passageinstrument 
beobachtete er mit Hilfe einer Uhr die 
Rektaszensionsdifferenzen zweier auf ent 
gegengesetzten Seiten des Himmels stehen 
der heller Sterne, des Sirius und der 
Wega; nach Angabe des Kopenhagener 
Professors Horrebow (1727) ergab sich 
aus diesen Beobachtungen die Summe 
der Parallaxen beider Sterne zu 30". 
Auch Maraldi, Manfrediu. a. fan 
den kleine jährliche Ortsveränderungen, die 
indessen nicht von der P. herrührten. Ehe 
man die letztere nachweisen konnte, mußte 
erst eine andre, gleichfalls im Lauf eines 
Jahrs von statten gehende und viel bedeu 
tendere scheinbare Ortsveränderung der 
Sterne erkannt werden, dieAberration. 
Ihre Entdeckung verdanken wir dem eng 
lischen Astronomen Bradley, der Beob 
achtungen anstellte zum Zweck der Auffin 
dung der P. von / im Drachen; vgl. Ab 
erration, S. 6. Die Aberration besteht nun 
darin, daß jeder Stern im Lauf eines Jahrs 
eine kleine Ellipse um seinen mittlern Ort 
beschreibt, deren große Achse parallel der 
Ekliptik ist und 41" beträgt, während die 
kleine Achse proportional dem Sinus der 
Breite ist; diese Bewegung ist aber stets 
(und darin liegt der wesentliche Unter 
schied von derparallaktischenVerschiebung) 
gleichgerichtet mit der jeweiligen Bewe 
gung der Erde.
	        
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